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Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments stimmt am morgigen Donnerstag, 9. September, über die EU-Agrarreform ab. Die SPD-Europaabgeordneten lehnen das Trilog-Ergebnis zu den Strategieplänen ab, der zentralen Verordnung zur Zukunft der EU-Agrarpolitik.

Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

„Mit dieser Agrarreform sind die europäischen Klima- und Umweltziele nicht erreichbar. Die europäische Agrarpolitik kann und muss mehr dazu beitragen, dem Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt entgegen zu wirken. Das weiß in Europa jedes Kind. Alle sieben Jahre haben wir die Möglichkeit, über die Vergabe von fast 400 Milliarden Euro neu zu entscheiden. Dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, zusammen mit den anderen 26 EU-Mitgliedstaaten im Rat, geschlossen jeden großen Veränderungsschritt blockiert hat, ist eine vertane Chance. Die dringend notwendigen Änderungen für eine nachhaltigere und fairere Agrarpolitik bleiben so aus.

Wir Sozialdemokrat*innen wollten mit dieser Reform den Ausstieg aus den bisher beinahe bedingungslosen Flächenzahlungen einläuten. Der Kompromiss, demnach künftig ein Viertel der Flächenzahlungen für Umwelt- und Klimamaßnahmen bereitgestellt werden soll, geht in die richtige Richtung. Der Entwurf wird aber durch eine Reihe an Ausnahmen für die EU-Staaten verwässert. Das macht es den EU-Mitgliedstaaten für die gesamte Periode abermals möglich, weniger klimafreundliche Anreize zu setzen. Aus grünen Geldern werden graue Gelder – diese Mogelpackung lehnen wir ab.

Es ist mir schleierhaft, wie wir mit der vorliegenden Agrarreform die ambitionierten Ziele des Green Deals und der Farm-to-Fork-Strategie erreichen wollen. Wer sich über ein Weiter-so aus Brüssel freut, muss sich eins vor Augen führen: Die Gruppe derer, die für die Milliarden an Steuergeldern umweltpolitische Änderungen einfordern, wächst täglich. Die Vergabe der Gelder muss in Zukunft durch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs bestimmt werden. Mit der Beteiligung des Umweltausschusses im Europäischen Parlament wurde damit ein erster Schritt auf europäischer Ebene getan, auch wenn dieser in den Verhandlungen selbst zu einer Scheinbeteiligung verkam.

Einen Lichtblick gibt es bei einem zentralen Anliegen der Sozialdemokrat*innen in Europa: Die Ausbeutung Beschäftigter in landwirtschaftlichen Betrieben wird in Zukunft erstmals sanktioniert. Bei Verstößen werden EU-Fördergelder gekürzt. Das Sozialdumping schwarzer Schafe wird nun nicht mehr mit EU-Geldern belohnt. Anständige Arbeitgeber*innen in der Landwirtschaft müssen nicht mehr mit Lohndrücker*innen konkurrieren.

Bei der Verteilung der Gelder wird die EU-Agrarpolitik aber nicht fairer. Der Kompromiss wird nicht zu einer nennenswerten Umverteilung der Mittel zugunsten der kleinen und mittleren Betriebe führen. Auch künftig werden Millionenbeträge an multinationale Holdings gehen, während der durchschnittliche Betrieb in Europa im ungleichen Wettbewerb unter die Räder kommt. Dafür haben die europäischen Staats- und Regierungschefs im Vorfeld des Abschlusses der Verhandlungen mit einer gemeinsamen Erklärung gesorgt. Für mich ist das die Spitze des Eisberges, dass das EU-Parlament hier vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Die Ungerechtigkeit, dass 80 Prozent der Gelder lediglich 20 Prozent der Betriebe zugutekommen, wird auch in den kommenden Jahren Steuergelder wirkungslos für den Umwelt- und Klimaschutz ins Leere laufen lassen.“

Vor der Abstimmung kritisierte die SPD-Agrarexpertin erneut die Befangenheit einiger Kolleg*innen im Agrarausschuss, die selbst Direktzahlungen für ihre landwirtschaftlichen Flächen erhalten. Unter den Begünstigten findet sich eine Reihe an Europaabgeordneten, die an entscheidenden Positionen die Reform Agrarpolitik mitverhandelt haben. Die französische Plattform „Mediapart“ hatte recherchiert, welche der Mitglieder im Agrarausschuss teilweise fünf bis sechsstellige Beträge erhalten.

In einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Schule und Bildung und des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend wurden heute Sachverständige zum Antrag der SPD-Fraktion für eine Familie- und Bildungsoffensive gehört. Hierzu erklären Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender, und Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

Jochen Ott:

„Eine zeitgemäße Bildungspolitik muss gemeinsam mit der Familienpolitik gemacht werden. Damit kennt sie keine Zuständigkeiten von Ministerien. Denn eine gute und zukunftsorientierte Bildungs- und Familienpolitik muss für die Familien und ihre Kinder ein Sprungtuch und ein Sprungbrett sein.

Unser Antrag liefert hierfür eine preite Palette an Lösungen. Mit unserer Einschätzung sind wir nicht alleine. In der heutigen Anhörung haben viele Experten unsere Ideen und angeregten Maßnahmen unterstützt. Mit diesen Maßnahmen kann ein Grundstein gelegt werden, damit Bildungserfolge nicht länger von der sozialen Herkunft der Eltern abhängt.“

Dennis Maelzer:

„Die besten Bildungsorte sind und bleiben die Familien und das soziale Umfeld. Aus diesem Grund müssen wir Bildungs- und Familienpolitik zusammendenken. Wir wollen die Familie befähigen, für ihre Kinder das Beste zu ermöglichen. Die Sachverständigen haben uns heute darin bestärkt. Für uns gehören zu  einer echten Familien- und Bildungsoffensive sozialraumorientierten Familienbüros, Bildungslotsen und Familienzentren an allen Kitas und Grundschulen. Durch diese Verzahnung der Maßnahmen erleichtern wir die Übergänge zwischen den einzelnen Stationen des Bildungsweges und verbessern das Wohl von Kindern und Familien.

Um Familien und damit auch die Kinder zu stärken, braucht es eine Personaloffensive, die nicht projektabhängig, sondern strukturell verankert ist. Chancengleichheit für jedes Kind gibt es nur mit deutlich mehr Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erziehern und weiteren wichtigen Berufen. Wir müssen sie gut ausbilden, gut bezahlen und sozial absichern. Für uns ist es besonders wichtig, den Kinderschutz in einem eigenständigen Gesetz zu verankern.“

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Letzte Plenardebatte vor der Wahl im Deutschen Bundestag, Bilanz und Ausblick. Vizekanzler Olaf Scholz unterstreicht den Wert von Zusammenhalt für das Land – und beschreibt die Grundlagen für eine gute Zukunft.

In der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages müssen die Abgeordneten noch das Ergebnis des Vermittlungsausschusses für die Garantie auf Ganztagsbetreuung an Kitas und Schulen bestätigen. Es geht um den Rechtsanspruch, für den die SPD lange gekämpft hatte. Zuvor aber die „Debatte zur Situation in Deutschland“.

Und Vizekanzler Olaf Scholz betont in seiner Rede die Bedeutung von Zusammenhalt, der so wichtig gewesen sei beim Umgang mit der Corona-Pandemie und zuletzt auch bei der Flutkatastrophe im Westen und Südwesten. Deutschland hat die Pandemie deutlich besser bewältigen können als viele andere Länder. Und auch die Opfer der Flutschäden können auf starke, solidarische Unterstützung beim Wiederaufbau setzen. Das Land – und auch die Regierung – habe das nur schaffen können, „weil wir zusammengehalten haben“. Für die Zusammenarbeit bei diesen Aufgaben dankt Scholz auch der scheidenden Bundeskanzlerin.

Den Plänen von CDU und CSU für milliardenschwere Steuergeschenke für Superreiche erteilt der Finanzminister aber auch vor diesem Hintergrund eine klare Absage. Denn damit drohe ein gigantisches Loch in der Haushaltskasse von 30 Milliarden Euro – und die Schere zwischen Arm und Reich ginge weiter auseinander.

„Wenn wir zusammenhalten“: Drei Garantien

Krisen ließen sich aber nur bewältigen, „wenn wir zusammenhalten“, so Scholz. Für eine neue Regierung werde er darum drei Garantien abgeben: Damit Kinder nicht mehr in Armut aufwachsen müssten, werde das Kindergeld weiterentwickelt – mehr für Familien, die es brauchen mit der SPD-Kindergrundsicherung. Und junge Menschen müssten auch klare berufliche Perspektiven haben mit der Garantie auf einen Ausbildungsplatz. Zweitens gehe es um die Frage, ob sich alle „das Leben leisten“ könnten. Vor allem viel mehr bezahlbare Wohnungen seien entscheidend. Darum will Scholz dafür sorgen, dass viel mehr gebaut wird: 400.000 Wohnungen jedes Jahr, 100.000 davon öffentlich gefördert. Dass das geht hatte der SPD-Kanzlerkandidat bereits als Erster Bürgermeister in Hamburg unter Beweis gestellt. Um in der Zwischenzeit die Mieten im Griff zu behalten, werde es ein Moratorium bei Neuvermietungen geben – die Begrenzung von Mietpreissteigerungen. Und Scholz will, Drittens, eine sichere Rente garantieren, ohne ein höheres Renteneintrittsalter und ohne ein geringeres Rentenniveau. Der Schlüssel: Mit mehr Beschäftigung bleibt das System langfristig stabil. Die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre habe gezeigt, dass dieser Weg funktioniert.

Respekt. Und Wohlstand mit einer klimafreundlichen Industrie.

Als entscheidende Herausforderungen für das Land sieht der SPD-Kanzlerkandidat zum einen „mehr Respekt“: auch durch bessere Bezahlung, unter anderem mit einem höheren Mindestlohn von 12 Euro – „eine Gehaltserhöhung für 10 Millionen Menschen“. Und es gehe um die Frage, ob es auch in den kommenden Jahrzehnten noch gute Arbeitsplätze in Deutschland gebe. Eine leistungsfähige Industrie und gleichzeitig den Klimawandel stoppen. Dafür müssen „wir technologisch vorne dabei sein“, so Scholz. Wohlstand und Klimaschutz nicht als Gegensätze, sondern als zwei Seiten einer Medaille. Denn Deutschland habe die Chance und das Know-How für technologische Entwicklungen, „die für die ganze Welt Alternativen sind zur Nutzung fossiler Energie“.

„Ein Aufbruch ist möglich“, fasst der SPD-Kanzlerkandidat zusammen.

Nach intensiven Verhandlungen haben sich Bund und Länder gestern Abend auf die Umsetzung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder geeinigt. Sofern Bundestag und Bundesrat noch zustimmen, haben Kinder der ersten Klasse ab August 2026 einen Anspruch auf ganztägige Förderung. Danach kommt jedes Jahr eine weitere Klassenstufe dazu. Ab 2029 gilt der Anspruch dann für alle Kinder von der 1. bis zur 4. Klasse.

Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag:

“Es ist ein Riesenerfolg für Kinder und Familien, dass wir zum Abschluss dieser Legislaturperiode dieses wichtige Vorhaben noch umsetzen können – dafür hat die SPD-Fraktion im Bundestag lange und beharrlich gekämpft. Mit dem Rechtsanspruch sorgen wir für mehr Chancengleichheit und dafür, dass nach der Kita die Vereinbarkeit von Familie und Beruf überall möglich wird. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir daran anknüpfen und mit der Kindergrundsicherung und dem Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit die Rahmenbedingungen für Kinder und Familien weiter verbessern. Die SPD-Fraktion im Bundestag setzt alles daran, dass alle Kinder bestmöglich ins Leben starten und die Unterstützung bekommen, die sie brauchen”.

Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher:

“Der Bund ist den Ländern erneut deutlich entgegengekommen. Neben den Investitionen für den Ausbau in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro beteiligt sich der Bund ab 2026 stufenweise an den Betriebskosten – ab 2030 mit bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Damit investieren wir in die Zukunft unserer Kinder und sorgen dafür, dass alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungs- und Teilhabechancen bekommen”.

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Am Donnerstag berät der Landtag von Nordrhein-Westfalen über einen Antrag der SPD-Fraktion für eine landesweite Kinder- und Jugendstrategie. Der Antrag ist das Ergebnis des Kinder- und Jugendgipfels, den die SPD-Fraktion am  17. August 2021 veranstaltet hat. Hier wurden gemeinsam mit Kinder und jungen Erwachsenen Ideen und Maßnahmen für eine eigenständige Kinder- und Jugendpolitik diskutiert. Hierzu erklären Eva-Maria Voigt Küppers, stellvertretende Vorsitzende, und Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:

Eva-Maria Voigt-Küppers:

„Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben uns auf unserem Kinder- und Jugendgipfel im August noch einmal gezeigt, wie dringend wir handeln müssen: Junge Menschen sind frustriert und fühlen sich nicht ernst genommen. Sie wollen mitbestimmen und es liegt in unserer Verantwortung, ihnen die Chance dazu zu geben.

Dafür müssen wir uns aber die Zeit nehmen um richtig zuzuhören und zu verstehen, was junge Leute bewegt. Eine gute Kinder- und Jugendpolitik steht und fällt mit wirkungsvollen Beteiligungsinstrumenten. Mit unserem Antrag legen wir eine Kinder- und Jugendstrategie vor, die wir mit den Betroffenen gemeinsam erarbeitet haben. Darin haben wir die Maßnahmen aufgeschrieben, die uns die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit auf den Weg gegeben haben und die sie in ihrem Alltag anwenden können.“

Dennis Maelzer:

„Wir wollen eine eigenständige und einmischende Kinder- und Jugendpolitik, die strukturell und krisenfest als Querschnittsaufgabe verankert wird. Dazu gehören neben niedrigschwelligen Beteiligungsformaten auch Partizipationsrechte von jungen Menschen in der Landesverfassung und der Gemeindeordnung. Um den jungen Menschen ein echtes Mitspracherecht zu geben, setzen wir uns auf allen Ebenen dafür ein, dass das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt wird.

Mit unserem Kinder- und Jugendgipfel haben wir gezeigt, dass ein Austausch auf Augenhöhe möglich ist – man muss es nur auch wirklich wollen. Wir laden die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP dazu ein, wieder in den fraktionsübergreifenden Dialog einzusteigen und Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit an den Tisch zu holen, um ihnen tatsächlich ein Stück Gestaltungsmacht zu geben.“

Zur Einigung des Vermittlungsausschusses bei Fragen der Finanzierung des Rechtsanspruchs auf Ganztagbetreuung in der Grundschule ab dem Schuljahr 2026/2027 erklärt Eva-Maria Voigt-Küppers, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung in der Grundschule ist durch entschiedenen Druck der SPD in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene aufgenommen worden. Jetzt hat der Vermittlungsausschuss den Weg endlich frei für den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz gemacht. Das ist eine gute Nachricht für die Schülerinnen und Schüler und für ihre Familien. Für uns ist das nur konsequent: Nach dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz wird es ab dem Schuljahr 2026/2027 nun auch einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule geben. Damit kommen wir einer echten Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich näher und bieten den Kindern bessere Bildungschancen.

Jetzt muss die NRW-Landesregierung klar machen, dass sie es bei der Umsetzung auch ernst meint. Wir haben immer wieder auf die strukturellen Defizite beim Ganztag hingewiesen. Doch an die wirklichen Probleme hat sich die Landesregierung nicht herangewagt.

Die Zeit bis 2026 muss jetzt genutzt werden, um den Ganztag neu aufzustellen. Wir setzen uns für eine Offensive für den Ganztag ein. Auf unseren Antrag hin wird der Landtag am Donnerstag darüber debattieren. Der Ganztag muss endlich einen klaren Bildungsauftrag bekommen. Außerdem brauchen wir endlich Qualitätsstandards, sichere Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigten, gute und gesunde Essensangebote in den Schulen und natürlich die Gebührenfreiheit für Familien.“

Zu der Einigung der Bundesländer für eine einheitliche Quarantäne-Regelung in den Schulen erklärt Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Es ist gut, dass es jetzt endlich zu einer einheitlichen Regelung zwischen den Bundesländern gekommen ist. Das schafft Transparenz und eine bessere Vergleichbarkeit. Vor allem die Verringerung der Quarantäne-Zeit auf fünf Tage mit der Möglichkeit des Freitestens begrüßen wir sehr. Gespannt müssen wir allerdings bleiben, wie diese Regelung in der Praxis von den NRW-Gesundheitsämtern umgesetzt wird. Denn im Kern bleibt es bei dem Problem, dass die Kontaktpersonen eines infizierten Kindes nur schwer zu ermitteln sein dürften.

Gesundheitsminister Laumann und Schulministerin Gebauer werden sich jetzt hinter diesem gemeinsamen Beschluss verstecken, nachdem sie nicht nur mit ihrer eigenen Regelung hier in NRW gescheitert sind, sondern sich mit ihrem Vorschlag, nur noch infizierte Kinder in Quarantäne zu schicken, einmal mehr nicht durchsetzen konnten. Das nimmt sie allerdings nicht aus der Pflicht, jetzt umgehend Sorge dafür zu tragen, dass im Falle einer Corona-Infektion innerhalb einer Klasse alle nicht in Quarantäne geschickten Kinder viel engmaschiger getestet werden müssen. Jedes in der Klasse verbleibende Kind muss für die Dauer von mindestens fünf Tagen jeden Tag einzeln getestet werden. Das muss diese Landesregierung jetzt gewährleisten. Vollmundige Ankündigungen, die dann doch nicht kommen oder umgesetzt werden, haben wir schon genug gehört.“

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„Scholz packt das an!“ Mit der Zusage werben Kanzlerkandidat und SPD für eine fortschrittliche Zukunftsregierung. Konkret heißt das: Tempo machen – zum Beispiel für bessere Löhne und deutlich mehr sauberen Strom.

Im Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntag) beschrieb der SPD-Kanzlerkandidat die Aufgaben, die er sofort in einer neuen Regierung vorantreiben will. „Drei Vorhaben sind für mich am Wichtigsten, weil sie Antworten auf die großen Herausforderungen der Zwanzigerjahre geben.“

Es geht um Respekt und Anerkennung – und das müsse sich auch auf dem Konto zeigen. „Einmal Beifall-Klatschen“ für die Corona-Heldinnen und -Helden sei nicht ausreichend, für die Kassiererin an der Supermarktkasse oder den Paketboten. Darum will Scholz schon im ersten Jahr einer neuen Regierung den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro anheben. „Zweites wichtiges Vorhaben ist es, klar zu berechnen, wie viel Strom Deutschland 2045 brauchen wird“ – und den Ausbau entsprechend zu organisieren. „Wir brauchen viel mehr Strom aus Sonne und Wind, und wir brauchen ein leistungsfähiges Stromnetz.“ Und dafür will er – Drittens – unverzüglich „die notwendigen Gesetze“ verabschieden, „damit Planung und Bau solcher Anlagen deutlich schneller vorankommen als bislang“ – also eher sechs Monate als sechs Jahre.

Entlastung für 95 Prozent alles Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

Für die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben und für die gleichzeitige Entlastung von Menschen mit normalen Einkommen habe die SPD ein klares Steuerkonzept vorgelegt. „Wir wollen, dass mehr als 95 Prozent aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler niedrigere Steuern zahlen“, bekräftigt Scholz. Konkret profitierten dadurch alle Ehepaare mit einem Jahresbruttoeinkommen von bis zu 200.000 Euro und Singles, die unter 100.000 Euro verdienen. „Dafür sollen die, die sehr viel Geld verdienen, einen etwas höheren Beitrag leisten.

„Finanzpolitisches Voodoo“ von CDU und CSU

Und das steht in deutlichem Kontrast zu den Plänen von CDU und CSU. Erst vor wenigen Wochen hatten unabhängige Berechnungen des Leipniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) belegt, dass demnach vor allem Superreiche üppige Steuergeschenke bekommen sollen – und für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen kaum etwas übrigbliebe.

Auch als Finanzminister sei er „schwer irritiert, dass CDU und CSU auf Steuersenkungen für Menschen dringen, die so viel Geld verdienen wie ein Spitzenpolitiker oder ein Vorstandsvorsitzender, und für Unternehmen, die sehr hohe Gewinnen machen“. Das Loch in der Staatskasse würde jährlich rund 30 Milliarden Euro groß sein. „Unverantwortlich und unfinanzierbar“, nennt der SPD-Kanzlerkandidat solche Pläne – oder schlicht: „finanzpolitisches Voodoo“.

Die SPD will den Mindestlohn möglichst schnell auf 12 Euro anheben. Das bringt Millionen Beschäftigten bessere Löhne und steigert außerdem die Wirtschaftsleistung. Das belegt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland auf 12 Euro pro Stunde schafft langfristig zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, erhöht die gesamtwirtschaftliche Produktivität, bewirkt Wachstum und spült so auch weitere Milliarden Euro in die Kassen der öffentlichen Hand. Das ergibt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Scholz: Mehr Geld für 10 Millionen

„Mit mir als Kanzler werden wir noch im ersten Jahr meiner Amtszeit einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro durchsetzen, der eine Gehaltserhöhung für 10 Millionen Beschäftigte darstellt und ihr Leben verbessert“, sagt SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

DGB: „Klarer geht´s nicht“

Und auch die Gewerkschaften begrüßen die Studie: „Klarer geht’s nicht: 12 Euro Mindestlohn – das muss eine der ersten Amtshandlungen jeder neuen Bundesregierung sein“, sagt DGB-Chef Reiner Hoffmann. „Denn 12 Euro Mindestlohn sind nicht nur sozial gerecht, sondern auch wirtschaftlich und finanzpolitisch geboten.“

Sichere und gut bezahlte Arbeit

Arbeit hat ihre Würde und ihren Wert. Darum werden wir den Mindestlohn schnell auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Weniger darf es nicht sein – mehr aber natürlich schon. Viel mehr Beschäftigte sollen darum auch nach guten Tarifverträgen bezahlt werden. Gutes Geld für gute Arbeit. Darum geht es.

Die SPD ist die Partei, die für sichere Arbeit steht. Das betrifft zum einen den Arbeitsschutz: Arbeit darf nicht krank machen. Zum anderen wollen wir möglichst dauerhafte Arbeitsverträge und daher die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverträgen einschränken. Mit einem Recht auf Weiterbildung und Qualifizierung wollen wir zudem allen die Chance geben, sich im Leben weiterzuentwickeln oder neu zu starten.

Olaf Scholz macht Tempo für mehr Klimaschutz und den ökologischen Umbau der Industrie. Bereits im kommenden Jahr müsse verbindlich der Ausbau von Erneuerbaren Energien festgelegt werden – bis 2045.

Im Interview mit dem WWF (World Wide Fund For Nature) beschrieb SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz klar die in den kommenden Jahren anstehende Aufgabe. Es gehe um die „größte industrielle Modernisierung seit weit über 100 Jahren“.

Ausbauziel per Gesetz festlegen

Denn das Ziel von Klimaneutralität bis 2045 sei nur erreichbar, wenn es gelinge insbesondere den riesigen Strombedarf der Industrie durch Erneuerbare Energien zu decken. Also vor allem deutlich mehr Windkraft, mehr Solaranlagen und die Entwicklung der Wasserstofftechnologie, um sauberen Strom immer verfügbar zu haben. Dafür kündigte Scholz an, verbindliche „Ausbauziele im Gesetz festzulegen bis 2045“. Das will er bereits im kommenden Jahr anpacken.

Wichtig sei darum auch, die Planungsverfahren in Deutschland deutlich zu beschleunigen – damit eine neue Windkraftanlage nicht erst nach sechs Jahren, sondern schon nach sechs Monaten gebaut werden könne.

„Geld zurückgeben über billigeren Strom“

Um den Umbau hin zu Klimaneutralität sozial verträglich zu halten, will der SPD-Kanzlerkandidat Mehrkosten durch einen langsam steigenden CO2-Preis für Wohnen und Verkehr ausgleichen – das „Geld zurückgeben über billigeren Strom“. Dafür soll die bisherige EEG-Umlage nicht mehr von den Verbraucher:innen gezahlt werden – eine Entlastung von insgesamt 25 Milliarden Euro im Jahr, rund 300 Euro für eine Familie.

Alternativen entwickeln – „für die ganze Welt“

Dass Deutschland – auch mit einem ehrgeizigen eigenen Beitrag – nicht allein den Klimawandel stoppen kann, ist Scholz bewusst. Aber: Wenn hier klimafreundliche Technologien entwickelt und angewendet würden, „sind das Alternativen für die ganze Welt“.

„Das Wichtigste ist jetzt: anpacken“, bringt es der SPD-Kanzlerkandidat auf den Punkt.

Unter Willy Brandt, dem ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler, führte die Regierung 1971 das BAföG ein. Mehr als 36 Millionen Menschen haben bis heute davon profitiert.

Es war ein gewaltiger Umbruch, als am 1. September 1971 das Bundesausbildungsfördergesetz – kurz: BAföG – in Kraft trat. Denn mit der historischen Entscheidung verschafften die Sozialdemokrat:innen einer breiten Bevölkerungsschicht Zugang zu höherer Bildung. Zuständig war in der sozialliberalen Bundesregierung die Bundesjugendministerin Käte Strobel (SPD). Sie erkannte schon damals ganz richtig den „beachtlichen, ja, entscheidenden Schritt“ hin zu besseren Bildungschancen, den die SPD-geführte Regierung machte, und sprach von einem „ganz erheblichen Stück Weg zum Abbau von Bildungsschranken“.

Die Gesellschaft wurde gerechter

Das BAföG ermöglichte es endlich auch Arbeiterkindern, ein Studium aufzunehmen. Die Gesellschaft wurde dadurch gerechter. Im Laufe der Jahrzehnte wandelte sich das BAföG: Anfangs war es ein reiner Zuschuss, den die Studierenden nicht zurückzahlen mussten. Später wurde daraus ein Volldarlehen. Seit 1990 gilt die noch heute gültige Regel, nach der eine Hälfte ein Zuschuss vom Staat ist. Die andere Hälfte müssen die früheren Empfänger:innen nach Studienende zwar zurückzahlen – allerdings nur einen Betrag in Höhe von maximal 10.000 Euro.

Bis heute hat das BAföG vielen Menschen bessere Bildungschancen ermöglicht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben – seit Beginn der Erhebungen 1975 – bis zum diesjährigen Jubiläum mehr als 36 Millionen Menschen vom BAföG profitiert.

Zeit für eine BAföG-Reform

Das BAföG ist und bleibt damit in der langen SPD-Geschichte einer ihrer größten Erfolge. Nun ist es an der Zeit, das BAföG erneut zu reformieren: Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) soll in Zukunft wieder mehr junge Erwachsene erreichen. Im Zukunftsprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2021 macht die SPD klar, wie sie dieses Ziel erreichen will:

„Dafür weiten wir die Förderansprüche aus und streben eine schrittweise Rückkehr zum Vollzuschuss an. Das neue Kindergeld ist eine Basisabsicherung für alle bis zum Alter von 25 Jahren. Es macht das BAföG elternunabhängiger. Zugleich werden wir das BAföG und das Aufstiegs-BAföG besser aufeinander abstimmen und perspektivisch zusammenführen. Die Altersgrenzen im BAföG werden wir dazu in einem ersten Schritt aufheben. Und wir brauchen ein Neustart-BAföG, das auch im Erwachsenenalter neue berufliche Wege öffnen und angemessen den Lebensunterhalt sichert.”

Auf Antrag der SPD-Fraktion sollte sich der Ausschuss für Schule und Bildung in seiner heutigen Sitzung mit dem Abschlussbericht zum Schulversuch PRIMUS befassen. Aus Zeitgründen konnte der Tagesordnungspunkt jedoch nicht in der Sitzung behandelt werden.

Hierzu erklärt Eva-Maria Voigt-Küppers, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Es ist schade, dass wir heute nicht über den Schulversuch sprechen konnten. Der vorgelegte Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung fällt sehr positiv aus, doch erneut hält sich Schulministerin Gebauer mit einer Positionierung zurück. Sie kündigt lediglich an, ,eine mögliche Verlängerung des Schulversuchs durch den Landesgesetzgeber vorzubereiten‘.

Eine Verlängerung des Schulversuchs ist sinnvoll, damit die wissenschaftliche Begleitforschung einen kompletten Schulzyklus von der ersten bis zur zehnten Klasse begleiten kann. Wenn Ministerin Gebauer den Schulversuch verlängern möchte, muss sie das deutlich sagen. Die fünf Kommunen mit PRIMUS-Schulen müssen ihre Schulentwicklungsplanung vorantreiben – sowohl pädagogisch als auch baulich. Hierzu benötigen die Kommunen Zeit, aber auch die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern brauchen schnellstmöglich Klarheit von der Landesregierung.

Aus diesem Grund haben wir unmittelbar nach Ende der Ausschusssitzung zwei Kleine Anfragen an die Landesregierung gestellt. Wir wollen von der Landesregierung wissen, seit wann ihnen der Abschlussbericht vorliegt und weshalb er dem Parlament erst nach Ablauf der Zustellungsfrist übermittelt wurde. Außerdem erwarten wir Antworten auf die Fragen, wann die Landesregierung eine Entscheidung darüber treffen möchte, ob der Schulversuch verlängert wird – und wie es danach weitergehen soll.“

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Hintergrund:

Der Schulversuch PRIMUS wurde zum Schuljahr 2013/2014 am Standort Minden sowie zum Schuljahr 2014/2015 in Titz, Münster, Schalksmühle und Viersen gestartet. Die fünf PRIMUS-Schulen in NRW unterrichten dieselben Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse. Der Schulwechsel nach der Klasse 4 entfällt.