Sogenannte strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen) werden in der Europäischen Union vermehrt eingesetzt, um Whistleblower*innen und öffentliche Kritiker*innen einzuschüchtern. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments fordert deshalb heute in einem Initiativbericht von der EU-Kommission, einen Rechtsakt gegen solche missbräuchlichen Klagen vorzulegen.

Tiemo Wölken, Berichterstatter und rechtspolitischer Sprecher der S&D-Fraktion:

„SLAPP-Klagen kosten Zeit, Nerven und unheimlich viel Geld: Mächtige Einzelpersonen und Organisationen gehen immer häufiger mit Einschüchterungsklagen gegen Aktivist*innen und Journalist*innen vor. Bei diesen Klagen geht es den Kläger*innen weniger darum recht zu bekommen, sondern Journalist*innen, NGOs und Aktivist*innen zu schikanieren und unter enormen psychischen Druck zu setzen. Sie sollen davon abgehalten werden, ihre teils investigative Arbeit öffentlich zu machen. Somit sind SLAPP-Klagen eine klare Gefahr für die Demokratie und den Rechtstaat. Diese Klagen missbrauchen unser Justizsystem, untergraben das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und müssen deswegen verhindert werden.

Für uns Sozialdemokrat*innen ist klar: Unsere Gerichte dürfen nicht als Spielwiese für mächtige Unternehmen und Politiker*innen dienen. Im Bericht des Rechtsausschusses machen wir einen Vorschlag dafür, wie insbesondere SLAPP-Klagen mit länderübergreifender Dimension eingedämmt werden können. Die Kommission sollte zum Beispiel eine EU-weit geltende Definition über diese rechtsmissbräuchliche Form von Klagen vorlegen. Wir Sozialdemokrat*innen setzen uns dafür ein, alle Akteure in der öffentlichen Debatte vor Einschüchterungsklagen zu schützen. Ein europäischer Rechtsakt sollte klarstellen, dass Kläger*innen bei Zivilverfahren mit Bezug zur öffentlichen Debatte beweisen müssen, dass der Rechtsweg nicht missbraucht wird. Wir fordern darüber hinaus, einen EU-Fonds für die juristische Unterstützung der Opfer von Einschüchterungsklagen und eine zentrale Anlaufstelle für Beratung und Rechtshilfe einzurichten.“

Nach der heutigen Ausschussabstimmung entscheidet das Plenum im November über den Bericht. Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, auf die Forderungen eingehen zu wollen.

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Die EU-Kommission hat heute Handlungsoptionen vorgestellt, wie die EU-Mitgliedstaaten auf die gestiegenen Energiepreise reagieren können.

Jens Geier, Vorsitzender und industriepolitischer Sprecher der Europa-SPD:

“Bei der Energiepreiskrise handelt es sich um eine Herausforderung, die alle EU-Mitgliedstaaten bewältigen müssen. Daher ist das Instrumentarium der Kommission ein sinnvoller Anstoß, welche Maßnahmen kurzfristig auf den Weg gebracht werden können. Für einkommensschwache Haushalte werden in einzelnen Mitgliedstaaten Energiegutscheine und Steuerentlastungen eingesetzt, um durch den Winter zu kommen. Das hilft, wenn die Einschätzung der Kommission zutrifft, dass sich die Preise im Frühjahr wieder normalisieren.

Langfristig ist es Aufgabe aller EU-Mitgliedstaaten, den Ausbau von erneuerbaren Energien zu beschleunigen und die Energieeffizienz zu verbessern: Die Kommission listet hier richtigerweise auf, dass Investitionen, schnellere Genehmigungsverfahren, die Produktion der Geräte zur Nutzung erneuerbarer Energien und die Prüfung zur Einrichtung weiterer strategischer Energiespeicherkapazitäten zu den wichtigsten Aufgaben gehören, derer sich die Mitgliedstaaten annehmen müssen.  Maßgebend wird in Zukunft die Diversifizierung unserer Energieversorgung sein. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien gehört hierzu der Aufbau eines nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarktes. Entsprechende Vorschläge könnte die Revision der Gasmarktregulierung enthalten, die die Kommission für Dezember 2021 angekündigt hat.

Von den Staats- und Regierungschefs erwarte ich, dass sie sich kommende Woche konstruktiv mit den Vorschlägen der Kommission auseinandersetzen, um die Menschen in den Ländern zu entlasten, in denen die Preisanstiege besonders gravierend sind. Darüber hinaus bedarf es eines klaren Bekenntnisses zu den Zielen des Green Deals. Der Rückfall in überkommene Denkmuster und das blinde Festhalten an alten Technologien gefährden den Fortschritt und vertiefen bestehende Abhängigkeiten.“

Polens Verfassungsgericht hat heute über die Frage des Vorrangs von nationalem Recht gegenüber EU-Recht entschieden. Das Tribunal erachtet zentrale Artikel der EU-Verträge als unvereinbar mit der polnischen Verassung.

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Mitglied im Innenausschuss:

„Das Urteil hat historische Ausmaße, denn es rüttelt am Grundsatz des Vorrangs von europäischem vor nationalem Recht. Das von Polens Regierungspartei besetzte Gericht stellt derselben Regierung einen Freifahrtschein aus, Europarecht zu missachten. Polen kann sich damit nach Belieben von den gemeinsam vereinbarten europäischen Regeln verabschieden. So kann die Europäische Union nicht funktionieren.

Wenn die PiS das Urteil nur als Hebel im Streit um die Corona-Milliarden aus Brüssel benutzen will, hat sie sich gewaltig verschätzt. Durch das Urteil steht Polen mit beiden Beinen außerhalb der europäischen Rechtsordnung. Es ist nicht zu rechtfertigen, in einer solchen Lage europäisches Geld an die polnische Regierung auszuzahlen. Auch die Justiz-Zusammenarbeit mit Polen wird damit in Frage gestellt.

Wenn Europarecht keine Gültigkeit mehr hat, dann kann auch die Europäische Union nicht mehr funktionieren. Deshalb wird dieses Urteil weit über Polen hinaus wirken, wenn sich die EU nicht wehrt.“

Die regierende PiS-Partei hatte das Verfassungsorgan 2015, direkt nach dem Wahlsieg der Nationalkonservativen, als erstes unter ihre Kontrolle gebracht. Auf Antrag von Regierungschef Mateusz Morawiecki befasste es sich seit einigen Monaten mit der Frage, ob eine Reihe von Bestimmungen in den EU-Verträgen mit der polnischen Verfassung vereinbar seien. Die PiS-Regierung befindet sich wegen ihrer umstrittenen Justizreformen in einem seit Jahren andauernden Konflikt mit der EU-Kommission.

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In der Hauptdebatte der ersten Plenarsitzung im Oktober sprechen die Europa-Abgeordneten über das aktuelle politische Verhältnis zwischen EU und USA.

Dietmar Köster, außenpolitischer Sprecher der Europa-SPD:
“Eine starke Kooperation zwischen der EU und den USA ist notwendig. Nun muss die EU mit der Biden-Administration ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen, das auf gemeinsamen Werten beruht. Wir Sozialdemokrat*innen unterstützen die Rückkehr der neuen US-Regierung zu einer Politik des Multilateralismus. Doch die Gründung der indo-pazifischen Sicherheitskooperation ohne Einbindung der EU zeigt deutlich, dass die Abstimmung zwischen den atlantischen Partnern besser werden muss. Wir müssen jetzt gemeinsam alles tun, um den Spannungen im Indo-Pazifik entgegenzuwirken und eine militärische Eskalation vermeiden.

Mit der neuen US-Regierung gibt es auch wieder Chancen für Rüstungskontrollgespräche, die sowohl die strategische Stabilität als auch den Frieden in Europa sichern können. Das eröffnet zugleich Spielräume für eine erneuerte Entspannungspolitik mit Russland. Nach zwanzig Jahren des `War on terrors` in Afghanistan müssen wir als EU auch darauf drängen, dass die USA Völkerrecht und Menschenrechte einhalten. Diesbezüglich muss Biden unter anderem endlich das unrechtmäßige Gefangenenlager Guantánamo schließen.”

Bernd Lange, Handelsausschussvorsitzender im Europäischen Parlament:
„Während viele überglücklich waren, als Joe Biden gewählt wurde, werden die Einschätzungen nun realistischer. Die Flitterwochen sind vorbei. Wie in jeder Beziehung müssen wir offen und ehrlich darüber diskutieren, wohin wir diese Partnerschaft führen wollen. Die Ereignisse rund um das Militärbündnis AUKUS zeigen, dass wir das Konzept der offenen strategischen Autonomie ernst nehmen sollten: Wir müssen mit Verbündeten zusammenarbeiten, wenn wir können – aber auch handeln, wenn unsere Interessen divergieren.

Einerseits haben wir eine positive und zukunftsorientierte Agenda mit den USA, für die der Rat für Handel und Technologie ein hervorragendes Beispiel ist. Das Treffen in Pittsburgh war ein guter Anfang, und ich glaube, dass dort schnelle Erfolge erzielt werden können, wenn wir uns auf greifbare Ergebnisse konzentrieren. Andererseits sollten wir nicht naiv sein: Es gibt immer noch bilaterale Handelsstreitigkeiten und wir müssen sie als gleichberechtigte Partner mit unseren eigenen Interessen diskutieren.

In diesem Zusammenhang hoffe ich, dass bald eine Lösung für das Problem der US-amerikanischen Stahl- und Aluminiumzölle gefunden werden kann. Wenn nicht, bleibt der EU nichts anderes übrig, als die zweite Tranche von Gegenmaßnahmen zu verhängen. Wie in jeder Beziehung gibt es Höhen und Tiefen. Aber es braucht das Engagement beider Partner und die Bereitschaft, sich gegenseitig in die Augen zu sehen und Kompromisse einzugehen, damit es funktioniert. Die EU hat sich dazu verpflichtet, aber wir brauchen die Zusage unseres transatlantischen Partners, ebenso kooperativ zu arbeiten.”

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Der Journalist*innen-Verbund “International Consortium of Investigative Journalists” hat zahlreiche Unterlagen von global tätigen Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften geleakt. Diese sogenannten Pandora Papers dokumentieren die Eigentümer*innen von und Verbindungen zu mehr als 27.000 Offshore-Firmen zahlreicher Prominenter und Politiker*innen aus der ganzen Welt. Joachim Schuster, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Gruppe im Europäischen Parlament:

“Die Pandora Papers zeigen die Abgründe der globalen Finanzkonstrukte und das unlautere Finanzgebaren vieler Reicher im Schatten der internationalen Finanzwirtschaft. Diese Maschinerie muss gestoppt werden. Die neuen Recherche-Ergebnisse sind erschreckend in ihrer schieren Masse und Tragweite. Überraschen dürfen uns die Pandora Papers aber nicht: Seit Jahren erleben wir eine Industrie der globalen Finanzverschleierung. Sie organisiert legale, halblegale und illegale Steuermodelle und schadet damit massiv der Allgemeinheit. Nach verschiedenen Schätzungen kosten Steuerparadiese die Regierungen weltweit zusammengenommen bis zu 600 Milliarden Dollar jährlich.

Wir Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament werden uns für eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe einsetzen. Es gibt bereits zahlreiche Vorschläge, wie solche skandalösen Machenschaften verhindert werden können. Die Umgehung von Abgaben durch Steuerplanung muss durch eine effektive Digitalsteuer und globale Mindeststeuersätze verhindert werden. Der erneute Skandal sollte die EU-Staats- und Regierungschefs weiter dazu drängen, endlich entschieden gegen Geldwäsche, Steuerflucht und Steuervermeidung vorzugehen und die jahrelangen Blockaden bei wichtigen Steuervorhaben zu lösen. Ein entscheidender Schritt dafür wäre, das Einstimmigkeitsprinzip bei Steuerfragen im Rat abzuschaffen.

Besonders erschütternd sind die Vorwürfe gegen zahlreiche Politiker*innen und Staatsoberhäupter. Wer das Vertrauen der Bürger*innen eines Landes missbraucht, um sich selbst zu bereichern und die eigene Bevölkerung zu betrügen, stärkt das Misstrauen in Politik und Gesellschaft. Mein Dank gilt den Journalist*innen des ICIJ für ihre unermüdliche Arbeit zur Aufdeckung solcher skandalöser Machenschaften. Gut, dass etwa die Menschen in Tschechien am Wochenende entscheiden können, ihre Schlüsse aus den Verstrickungen ihres rechtspopulistischen Ministerpräsidenten zu ziehen. Demokratie braucht Journalismus, eine kritische Öffentlichkeit und faire Steuersysteme.“

Die Energiepreise steigen derzeit rasant in Europa; für Deutschland gibt das Statistische Bundesamt einen Anstieg um 14,3 Prozent im Monat September an.

Heute und morgen treffen sich die EU-Finanzminister*innen, um darüber zu sprechen. Die EU-Kommission will am morgigen Dienstag einen Vorschlag präsentieren, wie die EU mit dem Anstieg umgehen soll. Am Mittwoch debattiert zudem das EU-Parlament die Gaspreiskrise. Jens Geier, Vorsitzender und industriepolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten: 

„Es wird kälter in Europa und niemand sollte zwischen einer Mahlzeit und einer warmen Wohnung entscheiden müssen. Steigende Energiepreise machen sich derzeit im Alltag der Menschen bemerkbar und treiben die Inflation – auch in Deutschland – an. Deshalb steigt das Risiko der Energiearmut, die insbesondere in EU-Mitgliedstaaten mit geringen Pro-Kopf-Einkommen zu einem flächendeckenden Problem werden kann.

Die sozialdemokratische S&D-Fraktion wollte EU-Kommission und Rat in dieser Woche mit einer Parlamentsresolution auffordern, umgehend auf diese alarmierende Situation zu reagieren. Doch leider haben sich Konservative und Grüne im Europäischen Parlament aus politischem Kalkül aus der Verantwortung gezogen.

Wir Sozialdemokrat*innen setzen auf eine bessere Energieeffizienz und einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien für mehr Energiesicherheit sowie bezahlbare Preise in der Zukunft. Die Menschen sollen nicht vor der Frage stehen müssen, ob sie sich ein warmes Zuhause leisten können. Vor dem Hintergrund der sozialen Gräben, die sich durch die Pandemie verstärkt haben, wäre das fatal für den sozialen Zusammenhalt in Europa.“

Auch die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die Energiepreise auf ihrem Oktober-Gipfel thematisieren.

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Die EU-Kommission hat heute einen Vorschlag für eine einheitliche Handy-Ladebuchse vorgelegt. Die Frage der Ladegeräte beschäftigt die EU-Institutionen seit mehr als einem Jahrzehnt. 2009 hatten sich 14 Handy-Hersteller – unter ihnen Apple – auf Druck der EU-Kommission in einer Selbstverpflichtung auf einen einheitlichen Standard für Netzteile geeinigt. Auf eine einheitliche Buchse warten die Verbraucher*innen seitdem jedoch vergeblich.

Evelyne Gebhardt, Mitglied des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europäischen Parlament:

„Es ist allerhöchste Zeit, dass die EU-Kommission einen Vorschlag für ein gemeinsames Ladekabel vorlegt. Die Industrie hatte mehr als ausreichend Zeit, sich auf einen gemeinsamen Standard zu einigen. Da eine Einigung offensichtlich nicht in ihrem Interesse ist, müssen wir als Gesetzgeber aktiv werden. Es ist entscheidend, dass wir diese Standardisierung nicht nur für Smartphones und Tablets, sondern auch für andere elektronische Kleinstgeräte wie Kameras oder Smartwatches umsetzen.

Wenn wir in der Europäischen Union endlich einen gemeinsamen Standard festlegen, wird dies positive Auswirkungen für Verbraucher*innen und die Umwelt haben. Zum einen werden die Preise sinken, wenn nicht mehr für jedes Gerät ein neues Ladegerät gekauft werden muss. Zum anderen wird damit eine Menge Elektroschrott vermieden.“

Bei den Buchsen in Smartphones und Tablet-Computern sind derzeit, von einst mehreren Dutzend Typen, noch drei übrig geblieben: Das inzwischen veraltete Micro-USB, das neuere USB-C und die dünneren ‚Lightning‘-Anschlüsse von Apple.

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Update für handelspolitisches Instrument zur Stärkung von Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards

Die EU-Kommission hat heute ihre Vorschläge für die Überarbeitung des sogenannten Allgemeinen Präferenzsystems präsentiert (APS). Mit diesem unilateralen handelspolitischen Instrument gewährt die Europäischen Union weniger entwickelten Ländern deutliche Zoll-Ermäßigungen bis hin zu kompletter Zollfreiheit bei der Einfuhr vieler industrieller und landwirtschaftlicher Produkte. Im Gegenzug verpflichten sich die begünstigten Länder zur Einhaltung internationaler Abkommen. Die Regelung soll diese Länder dabei unterstützen, auf den Märkten der Industriestaaten neue Potenziale zu erschließen oder dort ihren Absatz zu steigern. Die aktuelle Verordnung läuft am letzten Tag des Jahres 2023 aus.

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments:

„Die Bedeutung des Allgemeinen Präferenzsystems als wichtiges handelspolitisches Instrument steht außer Frage. Das System hat vielen weniger entwickelten Ländern einen besseren Marktzugang zur EU ermöglicht und dadurch Einnahmen und Wachstumsmöglichkeiten eröffnet. Dass diese Möglichkeit einseitig von der EU in diesem Umfang gewährt wird, ist weltweit einzigartig. So bekommen die meisten Länder Afrikas diese Möglichkeit. Zugleich sind Anreize für die Ratifizierung internationaler Übereinkommen gesetzt und werden damit die Förderung der Menschenrechte, der grundlegenden internationalen Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards unterstützt.

Eine Überarbeitung ist zum einen notwendig, damit das Instrument die Anforderungen des Klimaschutzes aufgreift. Insofern sind nun zukünftig nicht nur die fundamentalen Normen der internationalen Arbeitsorganisation ILO und UN-Umweltstandards umzusetzen, sondern auch die Verpflichtungen aus dem Klimaschutzabkommen von Paris.

Zum zweiten ist notwendig, dass das Instrument transparenter und effektiver wird. Wenn die Verpflichtungen nicht eingehalten werden, muss schnell gehandelt werden können. Im Fall von Kambodscha hat die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen bis zum Entzug einer Zollerleichterungen zwei Jahre gedauert. Besonders eklatante und schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen machen es erforderlich, dass die Europäische Kommission über Instrumente verfügt, um schneller reagieren zu können.

Zum dritten muss die Plattform für den regelmäßigen Dialog über die von den Übereinkommen abgedeckten Bereiche ausgebaut werden. Das Monitoring und der damit verbundene Dialog muss nicht nur transparenter sondern auch intensiviert  werden. Es braucht weitere Möglichkeiten für die strukturierte, offizielle und unabhängige Beteiligung der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und dort allem von Gewerkschaftsvertreter*innen. Bei der Überarbeitung des Präferenzsystems werden wir besonders darauf achten, dass ergänzend zu den Zollerleichterungen für einzelne Länder auch speziell die Fair-Trade-Produktion in den Ländern besonders gefördert wird. Zertifizierte Fair-Trade-Produktion ist ein Qualitätsmerkmal, um zur Umsetzung der fairen Arbeits- und Lebensbedingungen zu unterstützen.”

Das ASP-System der Zollpräferenzen umfasst drei Regelungen: die allgemeine APS-Regelung, die APS+-Sonderregelung und die Regelung „Alles außer Waffen“: „Everything But Arms“, EBA. Je nach Zuordnung zu der jeweiligen Regelung sind die Zollerleichterungen oder -befreiungen abgestuft. Derzeit zählen beispielsweise Pakistan, Sri Lanka, die Philippinen und Bangladesch zu den Begünstigten.

Eine aktuelle Liste findet sich hier.

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Die Regeln für einen Wechsel von europäischen Entscheidungsträger*innen in die private Wirtschaft sind bisher in den EU-Institutionen nicht einheitlich, ebenso wie die Anforderungen an Transparenz. Hinzu kommt, dass die EU-Institutionen die Einhaltung ihrer Regeln bislang selber kontrollieren. Das Europäische Parlament schlägt in einem Initiativbericht jetzt die Einrichtung einer neuen europäischen Ethikbehörde vor, die in der Lage ist, die Einhaltung der Regeln unabhängig und effektiv zu kontrollieren. Gabriele Bischoff, verfassungspolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten und stellvertretende Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Europäischen Parlament:

„Wir SPD-Europaabgeordnete haben für die Einrichtung einer weiteren Kontroll-Instanz gestimmt, denn Transparenz schafft Vertrauen. Aktuell haben die EU-Institutionen jeweils eigene interne Ethikgremien, die sich mit Fragen zu Transparenz und Interessenkonflikten befassen. Wir wollen mehr und fordern eine unabhängige europäische Ethikbehörde, die in Zukunft effektiver untersuchen kann, ob zum Beispiel Nebentätigkeiten von europäischen Entscheidungsträger*innen – oder ihr Wechsel in die private Wirtschaft – zu Interessenkonflikten führen.

Wenn es nach Konservativen ginge, bliebe alles beim Alten. Die CDU/CSU-Europaabgeordneten haben sich bei der Forderung nach mehr Transparenz enthalten. Einsicht sieht nach den jüngsten Maskenskandalen einiger Unionspolitiker*innen anders aus.“

Nach der Annahme des Berichts im Plenum liegt der Ball bei der EU-Kommission, die voraussichtlich im kommenden Jahr einen eigenen Vorschlag vorlegen wird.

Die EU-Kommission hat am heutigen Donnerstag eine neue EU-Einrichtung gegen Gesundheitskrisen vorgestellt (Health Emergency Preparedness and Response Authority, HERA). Tiemo Wölken, gesundheitspolitischer Sprecher der Europa-SPD, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments und rechtspolitischer Sprecher der S&D-Fraktion:

„Die Idee einer neuen Einrichtung gegen Gesundheitskrisen ist richtig und wichtig, um die gemeinsame Krisenvorsorge und Krisenreaktion zu verbessern. Bedauerlicherweise wird HERA im Verwaltungsapparat der EU-Kommission eingegliedert und nicht eigenständig sein. Zudem wiederholt die Kommission Fehler, die sie bereits bei der gemeinsamen Impfstoffbeschaffung gemacht hat: Sie beteiligt das Europäische Parlament nicht. Eine effektive Kontrolle der EU-Kommission und der Arbeit der neuen Dienststelle ist so nicht möglich. Die Kontrolle ist aber zwingend notwendig!

Daher brauchen wir mehr Klarheit und Transparenz, denn die Einrichtung gegen Gesundheitskrisen soll mit einem Budget von mehr als sechs Milliarden Euro ausgestattet werden. Dieses Geld soll durch die Kommission unter Beteiligung der EU-Mitgliedsländer verwaltet werden. Zudem könnte die Industrie durch das vorgesehene ‚Joint Industrial Cooperation Forum‘ stärkeren Einfluss auf die Mittelvergabe nehmen als das Europäische Parlament. Das ist nicht hinnehmbar.“

Vertreter*innen von EU-Kommission und Mitgliedstaaten wollen nun bis voraussichtlich zum Ende des Jahres über die neue EU-Einrichtung verhandeln. Die EU-Kommission versucht dabei, das Europäische Parlament unter Verwendung des Artikels 122, Paragraph 1, des EU-Vertrages außen vor zu lassen. Denn dieser Artikel ist eine Bestimmung nach EU-Recht, die keine Zustimmung seitens des Europäischen Parlaments beinhaltet.

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Im EU-Parlament gibt es keine Mehrheit dafür, fünf Antibiotika-Gruppen offiziell als sogenannte Reserveantibiotika einzustufen, wie am heutigen Donnerstag bekannt wurde. Diese Medikamente sind gemäß der Weltgesundheitsorganisation von kritischer Bedeutung sowie höchster Priorität und sollten deshalb für die Behandlung des Menschen vorbehalten sein – und nicht bei Tieren eingesetzt werden. Die neuen Regeln sollten Resistenzen gegen Antibiotika verhindern.

Tiemo Wölken, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten:

„Die Zurückweisung dieses Einspruchs gegen die EU-Kommission ist ein Lobby-Sieg, der mit Falschinformationen errungen wurde – eine Niederlage für den Schutz menschlicher Gesundheit. Bereits heute sterben jährlich mehr als 700.000 Menschen an Infektionen, die aufgrund von Resistenzen nicht mehr erfolgreich behandelt werden können. Das Ziel des Einspruchs war, den massiven Antibiotika-Einsatz, auch von Reserveantibiotika, in der kommerziellen Tierhaltung einzudämmen, um die Gefahr weiterer Antibiotika-Resistenzen zu minimieren.

Antibiotikaresistente Keime sind eine stetig wachsende Gefahr. Laut Weltgesundheitsorganisation zählen sie zu den zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit und haben das Potenzial, bis zum Jahr 2050 jährlich zehn Millionen Menschen zu töten. Deshalb müssen bestimmte Antibiotika, die noch gegen resistente Keime wirken und das letzte Mittel im Kampf gegen Infektionen sind, der menschlichen Behandlung vorbehalten werden. Es entsetzt mich, dass eine Parlamentsmehrheit sich nun geweigert hat, Reserveantibiotika nicht für die Rettung von Menschenleben vorzubehalten.“

Constanze Krehl, stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss:

“Es geht darum, den Einsatz dieser Reserveantibiotika in der Gruppenanwendung in Mastbetrieben zu unterbinden – und nicht um die Einzeltierbehandlung von Hund, Katze, Wellensittich oder Pferd.

Der Einspruch hatte sehr wohl auch die Gesundheit von Tieren im Blick. Durch die vorsorgliche Verabreichung von großen Mengen Antibiotika in der Massentierhaltung, werden häufig Krankheiten behandelt, die allein durch schlechte Haltungsbedingungen auftreten. Es ist absurd, diese Art der Tierhaltung mit einem Verweis auf das Tierwohl zu verteidigen.”

Die EU-Kommission muss ihren delegierten Rechtsakt zum Einsatz von Reserveantibiotika nun weder überarbeiten noch anderweitig anpassen.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft und den Corona-Maßnahmen boomen Online-Plattformen wie Uber, Lieferando und Co. Derzeit werden Plattform-Arbeiter*innen jedoch oft fälschlicherweise als Selbstständige eingestuft. Infolgedessen werden ihnen teils bezahlter Urlaub, soziale Sicherheit, menschenwürdige Arbeitsbedingungen oder der Mindestlohn verwehrt. Eine deutliche Mehrheit im Europäischen Parlament fordert jetzt in einem Initiativbericht europäische Vereinbarungen, um die Arbeitsbedingungen für Plattform-Arbeiter*innen zu verbessern: 524 Ja-Stimmen, 39 Nein-Stimmen, 124 Enthaltungen. Gabriele Bischoff, sozialpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

„Lebensmittel werden bis an die Haustür gebracht, die Wohnung gereinigt oder ein Fahrdienst angeboten: Jede zehnte Europäer*in hat bereits ihre oder seine Arbeit auf einer Online-Plattform angeboten. Was Kund*innen hilft, bedeutet für viele Arbeiter*innen unter gegenwärtigen Bedingungen schlechte Löhne, unvergütete Rufbereitschaft, fehlende Kranken- oder Unfallversicherung. Darüber hinaus dürfen sie auch noch selbst für Ausrüstung wie Regenjacke, Handys und Transportmittel aufkommen.

Derzeit sind Plattform-Arbeiter*innen nicht europarechtlich geschützt. Deshalb fordert das Europaparlament nun mit einer großen Mehrheit eine umfassende Richtlinie, die Arbeitsbedingungen für alle digitalen Plattform-Arbeiter*innen verbessert, einschließlich der echten Selbstständigen. Wir Sozialdemokrat*innen haben dabei die wichtigste Forderung eingebracht: Mit der Beweislastumkehr müssten zukünftig Unternehmen, nicht die Arbeiter*innen, nachweisen, dass kein ordentliches Arbeitsverhältnis mit ihren Arbeitern besteht und die Person tatsächlich selbstständig arbeitet. Andernfalls muss die Mitarbeiterin als Angestellte betrachtet werden mit allen dazugehörigen Arbeits- und Sozialrechten. So holen wir Plattform-Arbeiter*innen nachhaltig aus der Schein-Selbstständigkeit!

Da die Sozialpartner nicht verhandeln wollen, muss die EU-Kommission ihr Versprechen halten und noch in diesem Jahr einen Richtlinien-Vorschlag vorlegen.“