Digitales Grundgesetz stärkt Verbraucher*innen

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Die Europaabgeordneten stimmen morgen, Donnerstag, 22. Januar, final über ein neues Gesetz für digitale Dienste ab. Zuvor findet am heutigen Mittwoch eine Debatte zu der Verordnung statt und es werden Änderungsanträge abgestimmt. Der sogenannte Digital Services Act wird, zusammen mit dem Gesetz für digitale Märkte, neue EU-Regeln für Internet-Konzerne und -Plattformen vorschreiben.

Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der S&D:

“Der Digital Services Act ist ein neues digitales Grundgesetz für Europa und wird die Internetgesetzgebung auf ein völlig neues Fundament stellen. Nachdem in den Verhandlungen mit harten Bandagen gekämpft wurde, liegt uns jetzt ein ausgewogener, aber wenig ambitionierter Kompromiss vor. Künftig wird es europaweite Regeln zur Meldung und Löschung von illegalen Inhalten online geben, aber auch neue Rechte für Nutzer*innen bei unfairem Verhalten der Plattformen. Zusätzlich werden große Plattformen wie Google, Facebook oder Amazon in die Verantwortung genommen und müssen Behörden und Forschern Zugang zu ihren Daten gewähren, beispielsweise um den Kampf gegen Desinformation voranzutreiben. Das ist ein riesiger Fortschritt gegenüber den nationalen Alleingängen der Vergangenheit.

Aber es gibt auch noch großes Verbesserungspotenzial: Der vorliegende Kompromiss tut zu wenig, um den unersättlichen Datenkraken der großen Plattformen Einhalt zu gebieten. Als Europa-SPD treiben wir deshalb die Begrenzung von Werbung auf Basis personenbezogener Daten weiter voran und kämpfen für ein Verbot der unterschwelligen Manipulation von Nutzer*innen durch Plattformen.

Gleichzeitig versucht die EVP-Fraktion um die CDU auf den allerletzten Metern, Uploadfilter in den Digital Services Act einzubauen. Das ist brandgefährlich und weckt Erinnerungen an die Urheberrechtsreform. Automatisierte Filter eignen sich nicht, den komplexen Kontext menschlicher Kommunikation korrekt einzuordnen – die Folge wäre die vielfache Löschung völlig legaler Inhalte. Die CDU beweist hier einmal mehr, dass sie das Internet und digitale Technologien nicht versteht. Stattdessen gefährdet man mit vermeintlich einfachen, aber fehleranfälligen Scheinlösungen fahrlässig die Grundrechte von Bürger*innen online.”

Evelyne Gebhardt, Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz:

“Mit dem Digital Services Act wird ein längst überfälliger Baustein zum Schutz von Verbraucher*innen im digitalen Raum gelegt. In einer Zeit, in der sich Online-Shopping für die meisten Bürger*innen von der Ausnahme zur Regel entwickelt hat, müssen wir sicherstellen, dass Nutzer*innen entsprechend geschützt sind und ihre Rechte in Anspruch nehmen können. Beim Einkauf im Internet werden Verbraucher*innen überdurchschnittlich häufig mit gefälschten, gefährlichen und illegalen Inhalten konfrontiert. Umso wichtiger sind transparente und sichere Verfahren zur Rechtsdurchsetzung und klare Verantwortlichkeiten im Schadensfall, die durch den Digital Services Act eingeführt werden. Obwohl ohne den Widerstand der konservativen Parteien mehr hätte erreicht werden können, ist das vorliegende Gesetzespacket ein Gewinn für die europäischen Verbraucher*innen.”

Das finale Abstimmungsergebnis soll am Donnerstag, um 16 Uhr vorliegen. Danach können Trilogverhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament beginnen.

Plattformarbeit-Regulierung: „Europaweit gute Bedingungen für Beschäftigte schaffen“

Online-Plattformen wie Uber, Lieferando und Co. boomen mit der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft sowie den Corona-Maßnahmen. Die EU-Kommission hat heute einen Gesetzesvorschlag zur Regulierung der Plattformarbeit vorgelegt. Damit reagiert die Behörde auf einen Initiativbericht, der vom Europäischen Parlament im September verabschiedet worden war. Die sozialdemokratische S&D-Fraktion ist die treibende Kraft hinter der Kernforderung des Kommissionsvorschlags: ein Ende der Schein-Selbstständigkeit in der Plattformwirtschaft.

Gaby Bischoff, arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

,,In der Plattformwirtschaft wurde 2019 ein Umsatz von 44 Milliarden Euro erzielt. Einige der reichsten Unternehmen der Welt haben dieses Geld auf Kosten der Plattformarbeiter*innen erwirtschaftet, die in vielen Fällen zu Unrecht als selbstständig eingestuft wurden. Mit den Massen an Schein-Selbstständigen soll zukünftig Schluss sein.

Für Millionen Plattform-Beschäftigte könnte sich mit dem neuen Vorschlag zur Regulierung der Plattformarbeit in der EU der Arbeitsalltag verbessern.

Jede*r zehnte Europäer*in hat bereits ihre oder seine Arbeit auf einer Online-Plattform angeboten, obwohl die Arbeitsbedingungen in vielen Bereichen der Plattformwirtschaft bisher schlecht sind. Niedrige Bezahlung, unvergütete Rufbereitschaft und eine fehlende Kranken- oder Unfallversicherung haben vielen Plattformbeschäftigten europaweit ein gutes Leben erschwert.

Kernelement des Kommissions-Vorschlages ist die Beweislastumkehr: Zu Beginn eines Vertrages soll davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitsverhältnis mit allen geltenden Rechten besteht. Sollten die Plattformunternehmen anderer Meinung sein, müssen sie nachweisen, dass der oder die Beschäftigte kein Arbeitnehmer, sondern selbstständig ist. Allerdings fehlen im Gesetzes-Vorschlag bisher klare Hinweise darauf, wie die Beweislastumkehr in der Praxis funktionieren soll.

Der Vorschlag sieht außerdem mehr Transparenz beim Einsatz automatisierter Systeme zur Überwachung und Entscheidungsfindung sowie deren Einsatz im Unternehmen vor. Schade, dass im Entwurf nur die Arbeitnehmer*innen von solchen Regelungen profitieren sollen, die direkt über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, aber nicht grundsätzlich Beschäftigte in Unternehmen, wo solche automatisierte Überwachungs- und Entscheidungssysteme, also Künstliche Intelligenz, eingesetzt werden.“

In den kommenden Wochen wird der Rat über seine allgemeine Ausrichtung beratschlagen, bevor die Institutionen im neuen Jahr über die Vorschläge verhandeln werden.

„Fehlende Cybersicherheit macht Kinder angreifbar“

Der Verbraucherschutzausschuss hat heute Maßnahmen vorschlagen, um die Sicherheit der Spielzeuge auf dem EU-Markt zu erhöhen – auch aus Nicht-EU-Ländern und online. Die Empfehlungen betreffen etwa den Umgang mit Chemikalien in Spielzeug sowie die Kennzeichnung.

Evelyne Gebhardt, Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten für Binnenmarkt und Verbraucherschutz:

„Der Schutz von Kindern muss Priorität haben. Dafür braucht es dringend strengere Regeln und eine Überarbeitung der Gesetzgebung. Dies gilt ebenso für Grenzwerte von Chemikalien in Farben von Holz- und anderem Spielzeug wie für vernetzte Spielzeugpuppen. Fehlende Cybersicherheit macht spielende Kinder angreifbar. In schlimmsten Fällen können Böswillige direkt mit ihnen kommunizieren, ohne das Wissen der Eltern. 

Augen auf beim Geschenkekauf! Laut dem EU-Schnellwarnsystem Safety Gate ist jedes fünfte in der Europäischen Union aus dem Verkehr gezogene Produkt ein gefährliches Spielzeug. Zu oft missachten Hersteller aus China oder anderen Ländern die Vorgaben des europäischen Verbraucherschutzes. Kinderspielzeugtelefone sind nicht selten zu laut und können zu Gehörschäden führen. Von zu vielem Plastikspielzeug können Teile leicht abbrechen und Kinder verletzen. Holzspielzeug ist noch immer zu oft mit Farbe angemalt, deren giftige Inhaltsstoffe gegen die europäischen Zulassungsregeln verstoßen.

Damit gefährliches Spielzeug so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen wird, müssen Marktüberwachungs- und Zollbehörden in der EU besser ausgestattet werden. Nur so sind sie in der Lage, gefährliches Spielzeug zu identifizieren, sowie Läden und Online Einkaufsplattformen zu warnen, die dann das gefährliche Spielzeug aus dem Sortiment nehmen müssen. Sonst kann sich der Kinderwunsch zum Albtraum der Eltern entwickeln.“

Der Berichtsentwurf ist hier online. Das Plenum soll voraussichtlich im Januar 2022 über die Forderungen abstimmen.

“Faire Bezahlung und starke Tarifbindung erreichen”

Eine Mehrheit im Europäischen Parlament hat sich auf eine gemeinsame Grundlage für Gespräche mit Rat und Kommission über einen EU-Rahmen für Mindestlöhne geeinigt. Die Abgeordneten besiegelten mit ihrem Votum das parlamentarische Verhandlungsmandat.

Gaby Bischoff, arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

,,Jeder sechste Arbeitnehmer in Europa verdient nicht genug, um über die Runden zu kommen. Faire Bezahlung und die Stärkung der Tarifbindung sind die Kernforderung der sozialdemokratischen Parteienfamilie, für die wir uns seit Jahren vehement eingesetzt haben. Dass die Kommission einen Vorschlag zu einem EU-Rahmen vorgelegt hat, ist damit ganz wesentlich unser Verdienst.

Ich freue mich darüber, dass das ambitionierte und progressive Verhandlungsmandat des Europäischen Parlaments heute im Plenum bestätigt wurde. Dies sendet ein klares Signal an den Rat, dass wir die Europäische Union in der Verantwortung sehen, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten für eine Konvergenz der Löhne nach oben zu sorgen und damit das Leben vieler Millionen Menschen in Europa nachhaltig zu verbessern. Dies würde sich auch positiv auf die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie auswirken.”

Einigung im EU-US-Handelsstreit: “Bedeutende Deeskalation”

Die USA und die EU haben sich im Streit über Sonderzölle auf Stahl und Aluminium aus der Ära von Ex-Präsident Trump geeinigt. Bestimmte Mengen dürfen demnach wieder zollfrei in die USA eingeführt werden. Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, informierte am Rande des G20-Treffens in Rom über den Durchbruch.

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament:

„Ich begrüße sehr, dass die Vereinigten Staaten den größten Teil ihrer 232-Zölle auf Stahl und Aluminium auf europäische Produkte weitestgehend aufheben werden. Diese illegalen Zölle sind nicht nur rechtswidrig und stehen in klarem Widerspruch zu WTO-Regeln, sie haben auch vielen Branchen auf beiden Seiten des Atlantiks großen Schaden zugefügt. Darüber hinaus waren diese rechtswidrigen Zölle stets ein Hindernis für unsere Bemühungen um eine konstruktive Zusammenarbeit mit der US-Seite.

Auch wenn die Stahl-Zölle nicht vollständig abgeschafft werden, ist ihre Aufhebung ein bedeutender deeskalierender Schritt und zeigt, dass die Biden-Regierung zur Zusammenarbeit mit uns entschlossen ist. Diese Entscheidung sollte zusammen mit der Waffenruhe im Airbus-Boeing-Streit und der Einrichtung des Trade Technology Council gesehen werden. Natürlich ist die Arbeit noch nicht getan. Erstens müssen wir an der vollständigen Lösung dieses sehr unglücklichen Falls arbeiten, der von der vorherigen US-Regierung verursacht wurde. Zweitens müssen wir Lösungen für die Bewältigung der weltweiten Überkapazitäten finden. Aber dieser Schritt ermöglicht, nach vorne zu blicken und uns auf das zu konzentrieren, was wir gemeinsam tun können, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und die Ära Trump endlich hinter uns lassen.

Die Absicht, bei der Produktion von grünem Stahl zusammenzuarbeiten und eine globale Vereinbarung über nachhaltigen Stahl und Aluminium auszuhandeln, zeigt meines Erachtens, dass es beide Seiten ernst meinen mit einer Zusammenarbeit im Bereich der CO2-Reduktion. Der EU Vorschlag für eine CO2-Grenzabgabe bietet hier eine gute Grundlage für die kommenden Gespräche.

Was die angekündigten Maßnahmen betrifft, unterstütze ich natürlich jede Zusammenarbeit um Überkapazitäten abzubauen und Handel mit Stahl fairer zu gestalten. Wir werden sehr darauf achten, dass die Maßnahmen zum einen grünen Stahl effektiv fördern und zum anderen WTO-konform sind.”

“EU-Staaten müssen ihren Zusagen nachkommen“

Rund 200 Staaten ringen ab Sonntag bis Mitte November zwei Wochen lang darum, wie die Klimakrise eingedämmt werden kann. Schon jetzt hat sich die Erde um rund 1,2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhitzt. Die bereits sichtbaren fatalen Folgen: Je nach Region gibt es mehr Hitzewellen, Dürren und Waldbrände sowie Starkregen, Stürme und Überschwemmungen.

Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

„Die reichen Vertragsstaaten, Hauptverursacher der Klimakrise, müssen ihren finanziellen Zusagen endlich nachkommen. Ihr Versprechen, ärmeren Ländern jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz-Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, wird wohl erst 2023 eingehalten – drei Jahre zu spät. Die Vorlage eines internationalen Finanzierungs-Fahrplans durch den deutschen Umweltstaatssekretär kann der Startpunkt für neue, verbindlichere Versprechen sein. Die EU muss hier insbesondere die USA stärker in die Pflicht nehmen, die bisher besonders wenig zur Klimaschutzfinanzierung beigetragen haben.

Die EU hat mit dem EU-Klimagesetz und ihrem neuen Ziel, bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden, neue Standards gesetzt. Sie muss nun ihre Klimadiplomatie nutzen, um auf andere Groß-Emittenten einzuwirken, die Weltbühne zu nutzen und neue Klimapläne vorzulegen. Dass China kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz nun endlich offiziell einen neuen Klimaplan vorgelegt hat, zeigt, dass der internationale Druck und der Paris-Mechanismus funktioniert, wonach die Vertragsstaaten alle fünf Jahre ein Update ihrer Pläne vorlegen müssen. Ich hoffe, dass weitere Staaten folgen.

Auch Deutschland ist in der Pflicht. Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass die Bürger*innen kein “Weiter so” wollen. Deutschland kann innerhalb der EU, aber auch auf der internationalen Bühne in Glasgow für das 1,5-Grad-Ziel einstehen. Das Versprechen des Ampel-Sondierungspapiers, idealerweise bis 2030 aus der Kohle auszusteigen, war dafür ein wichtiges Signal. Internationale Klimakonferenzen sind oft mühselig. Manchmal scheinen sie erfolglos. Doch alle Mühen lohnen sich, denn: Jedes Zehntel Grad zählt!”

Vor der Konferenz sollte´jedes Land einen Klimaschutzplan vorlegen, mit konkreten Schritten zum Runterfahren seiner Treibhausgas-Emissionen. 2,7 Grad Celsius Erderhitzung – das ist der Wert, auf den die Welt laut dem neuesten „Emissions Gap Report 2021“ des UN-Umweltprogramms zusteuert. Der Bericht mit dem Titel “The heat ist on”, verdeutlicht abermals, dass die Erwärmung meilenweit von den möglichst 1,5 Grad Celsius Erderhitzung entfernt ist, die sich die Vertragspartner*innen des Pariser Abkommens 2015 als Ziel gesetzt haben.

„Diese Art der Politik machen wir nicht mit“

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Das Europäische Parlament hat seinen Standpunkt zum EU-Haushalt 2022 festgezurrt, das Abstimmungsergebnis wurde am heutigen Donnerstagmorgen bekanntgegeben. Die Abgeordneten haben die meisten der Kürzungen des Rates zurückgenommen und damit den Haushaltsentwurf in Teilen wieder auf das von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagene Niveau gebracht. Zudem haben die Parlamentarier*innen die Mittel für zahlreiche EU-Programme und -Maßnahmen aufgestockt, die zum Wiederaufbau nach der Pandemie beitragen. Weiterhin stimmt das EU-Parlament heute über die Entlastung der Grenzschutzagentur Frontex ab.

Jens GEIER, Vorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der Europa-SPD:

„Wer den Haushaltsansatz der erfolgreichen und bereits unterfinanzierten europäischen Forschungspolitik um über 300 Millionen Euro kürzt, ist nicht an einer ehrlichen und vorrausschauenden Haushaltsplanung interessiert. Die Regierungen im Rat kürzen nur um des Kürzens Willen. Diese ideologische Art der Politik machen wir nicht mit. Aus unserer Sicht ist klar: Für die Erholung aus der Coronakrise müssen wir mehr investieren. Das bedeutet, dass wir für europäische Zusammenarbeit mehr Geld in die Hand nehmen müssen: in der Forschungspolitik, für Klimaschutz, für gute Lebensbedingungen von Kindern. In diesen Bereichen fordern wir im Parlament deshalb deutlich mehr Investitionen.

Das Parlament sendet auch ein klares Signal an die Grenzschutzagentur Frontex: 90 Millionen Euro aus dem Etat der Agentur setzen wir in Reserve, bis die Agentur die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von 40 Grundrechte-Beobachter*innen einstellt. Hier können keine Ausreden geltend gemacht werden.
Auch der Entlastung des Agenturbudgets für 2019 können wir Sozialdemokrat*innen nicht zustimmen. In den vergangenen Monaten ist es Frontex nicht gelungen, die Vorwürfe um Beteiligungen an Pushback-Aktionen und die Intransparenz im Umgang mit den Vorwürfen auszuräumen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben das Vertrauen in Direktor Fabrice Leggeri verloren.”

Die EU-Kommission hat ihren Entwurf für den Haushalt 2022 im Juni vorgestellt, der Verpflichtungen in Höhe von 167,8 Milliarden Euro vorsieht. Hinzu kommen Mittel aus dem Wiederaufbaufonds Next Generation EU. Der Rat hatte in seiner Position diesen Entwurf um etwa 1,5 Milliarden Euro gekürzt, insbesondere in den zentralen Politikbereichen Forschung und Innovation. Die Position des Parlaments sieht nun Verpflichtungen in Höhe von 171,8 Milliarden Euro vor, also rund 5,5 Milliarden Euro mehr als der Rat. Parlament und Rat haben nun bis zum 15. November Zeit, um sich auf eine gemeinsame Position für den Haushalt 2022 verständigen.

Die Abstimmung ist der Auftakt zu dreiwöchigen Vermittlungsgesprächen mit dem Rat, die darauf abzielen, sich auf den Haushalt des kommenden Jahres zu einigen. Dieser Kompromiss muss dann final vom Parlament verabschiedet werden.

„Gemeinsam Energie-Armut bekämpfen”

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Die Staats- und Regierungschefs aller EU-Mitgliedstaaten treffen sich am morgigen Donnerstag und am Freitag in Brüssel. Vorab diskutieren heute die Europaabgeordneten in einer Debatte mit der EU-Kommission und der slowenischen Ratspräsidentschaft in Straßburg über ihre Erwartungen an den Europäischen Rat:

Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD:
„Die steigenden Energiepreise werden zum Problem für Millionen Europäer*innen. Insbesondere Haushalte, die stark unter den Pandemie-Folgen gelitten haben, können Kosten-Anstiege nicht verkraften. Bei der Energiepreiskrise handelt es sich um eine Herausforderung, die alle EU-Mitgliedstaaten bewältigen müssen. Die Staats- und Regierungschefs sollten sicherstellen, dass es bei einer vorübergehenden Krisensituation bleibt.

Vom EU-Gipfel erwarte ich, dass sich die Staats- und Regierungschefs konstruktiv mit den Vorschlägen der EU-Kommission der vergangenen Woche auseinanderzusetzen. Besonders in den Ländern, in denen die Preisanstiege besonders gravierend sind müssen Menschen durch kurzfristige Maßnahmen entlastet werden. Darüber braucht es gerade jetzt ein klares Bekenntnis zu den Zielen des Green Deals: Überall in Europa muss der Ausbau von erneuerbaren Energien beschleunigt, die Energieeffizienz verbessert und unsere Energieversorgung diversifiziert werden. Mehr Energiesicherheit, bezahlbare Preise und damit der Kampf gegen Energie-Armut sollten zu den gemeinsamen Zielen aller Regierungen gehören. Der Rückfall in überkommene Denkmuster, den wir in einigen Reaktionen gesehen haben, und das blinde Vertrauen in alte Technologien, gefährden nicht nur die Klimaschutz-Ziele, sondern vertiefen bestehende Abhängigkeiten. Den verstärkten Einsatz von Atomenergie lehne ich klar ab.“

“Neue Maßnahmen für das Paris-Ziel”

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Vor der UN-Klimakonferenz in Glasgow drängen die Sozialdemokrat*innen darauf, dass die EU eine Führungsrolle beim Klimaschutz einnimmt und die weltweiten Maßnahmen zum Klimaschutz beschleunigt werden. Die Europa-Abgeordneten debattieren am heutigen Mittwoch über die Klimakonferenz der Vereinten Nationen vom 31. Oktober bis zum 12. November: Livestream aus dem Plenum in Straßburg ab 10.30 Uhr. Zudem werden die Parlamentarier*innen am morgigen Donnerstag über eine entsprechende Resolution abstimmen.

Delara Burkhardt, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments und bei der UN-Konferenz im November vor Ort:

“Die Weltklimakonferenz in Glasgow ist die wichtigste internationale Klimakonferenz seit der Verabschiedung des Pariser Klima-Abkommens. 

Zum einen müssen immer noch Artikel des Paris-Abkommens, vor allem Regeln zum internationalen CO2-Gutschriften-Handel, ausverhandelt und festgezogen werden. Zum anderen wird mit Spannung erwartet, dass Groß-Emittenten die Weltbühne nutzen, um neue Klimapläne zu 
präsentieren. Mit den bisherigen Zusagen der Vertragsstaaten würde die Weltgemeinschaft das Paris-Ziel, die Erderwärmung auf möglichst 1,5-Grad-Celsius zu begrenzen, deutlich verfehlen und stattdessen auf eine Erhitzung von deutlich über 2,7 Grad zusteuern.

Die EU und andere entwickelte Länder müssen in Glasgow neue und verbindliche Zusagen zur Finanzierung internationaler Klima-Maßnahmen machen.”

“Schnell wirksame Maßnahmen gegen Emissionen beschließen”

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Das Europäische Parlament positioniert sich am morgigen Donnerstag zur Methan-Strategie der EU-Kommission.

Tiemo Wölken, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments:
“Methan-Emissionen sind zu lange vernachlässigt worden. Sie haben, besonders kurz- bis mittelfristig, eine sehr starke Klimawirkung. Daher ist es außerordentlich wichtig, dass wir schnell wirksame Maßnahmen dagegen ergreifen. Beispielsweise lassen sich Lecks und absichtliches Ablassen von Gas in Erdgasproduktion und -transport schnell abstellen, in vielen Fällen ohne Zusatzkosten. Die EU-Kommission muss hierfür im angekündigten Gaspaket im Dezember weitgehende Verpflichtungen vorschlagen. Wir fordern auch, die kurzfristige Klimawirkung stärker zu berücksichtigen. Die Klimawirkung von Gas ist unterbewertet, weil wir bisher nur die langfristige Wirkung über 100 Jahre bemessen – die kritischen 1,5 Grad globale Erwärmung könnten wir aber schon in den kommenden zwei Jahrzehnten überschreiten.

Etwa 40 Prozent der Methan-Emissionen kommen aus der Landwirtschaft. Besorgniserregend ist, dass die EU-Kommission dagegen bisher nichts vorgeschlagen hat. In unserer Stellungnahme fordern wir die Kommission dazu auf, in diesem Bereich zu handeln.

Schließlich ist es nicht nur aus Klimasicht notwendig, Methan-Emissionen zu reduzieren, sondern auch aus gesundheitspolitischer Sicht. Methan bildet in Bodennähe gefährliches Ozon, wodurch weltweit jährlich hunderttausende Menschen vorzeitig sterben.”

“Gute Arbeit darf keine Märchenerzählung bleiben”

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Die Präsident*innen der EU-Organe sowie Vertreter*innen der europäischen Sozialpartner sprechen heute auf dem EU-Sozialgipfel ab 15 Uhr über eine nachhaltige Erholung infolge der Corona-Pandemie.

Gabriele Bischoff, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

“Ohne eine stärkere Rolle der Sozialpartner ist langfristiges und nachhaltiges Wachstum, das mehr und bessere Arbeitsplätze schafft, nicht möglich.

Jetzt ist der Zeitpunkt, um das Europäische Semester als technokratischen Prozess abzulösen durch einen sozialen Fortschrittspakt, der das Wohlergehen der Bürger*innen in den Mittelpunkt stellt. Gute Arbeit bleibt für viele Menschen in Europa eine Märchenerzählung, wenn nicht mehr Menschen von Tarifverträgen erfasst und anständige Mindestlöhne in ganz Europa gezahlt werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen trägt die bessere Beteiligung der Sozialpartner im EU-Semester wie eine Monstranz vor sich her, liefert aber nicht, um dies verbindlich umzusetzen.”

Beim Dreigliedrigen Sozialgipfel führen der Präsident des Europäischen Rates den Vorsitz, die Präsidentin der EU-Kommission sowie der Präsident der Staats- oder Regierungschef des Mitgliedstaats, der turnusgemäß den Vorsitz im Rat innehat, heute also der slowenische Ministerpräsident Janez Janša.

Zu den teilnehmenden europäischen Sozialpartnern gehören:

  • BusinessEurope (Vereinigung der Industrie- und Arbeitgeberverbände in Europa)
  • der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB)
  • SGI Europe (Vertretung von Unternehmen und Verbänden, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen)
  • die Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME)
  • CEC European Managers (Europäischer Führungskräfteverband)

Vom Bauernhof auf den Teller – Strategie für ein gesundes Ernährungssystem

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Das Europäische Parlament wird sich am heutigen Dienstag dazu positionieren, wie in Europa gesunde, tierfreundliche, qualitativ hochwertige und nachhaltigere Lebensmittel produziert werden können. Die sogenannte Farm-to-Fork-Strategie ist eine Säule des europäischen Green Deals. Das Abstimmungsergebnis des entsprechenden Initiativberichts soll am morgigen Mittwoch um 9 Uhr verkündet werden. Es geht darum, die Ernährungssicherheit und ein faires Einkommen für Landwirt*innen zu gewährleisten sowie den ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft zu verringern.

Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:
„Was wir essen und wie wir es produzieren hat direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Mit der Farm-to-Fork-Strategie erkennt die EU die negativen Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft auf die Umwelt und das Tierwohl ebenso an wie die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen ungesunder, nicht nachhaltiger Ernährungsweisen in der EU. Folgerichtig bestätigt das Europäischen Parlament die Initiativen der Europäischen Kommission. Ziel ist es, den Einsatz von Pestiziden, Düngern und Antibiotika zu reduzieren, Ökolandbau und artgerechte Nutztierhaltung auszubauen und Konsument*innen besser über Nährwert und Nachhaltigkeit von Lebensmitteln zu informieren. Die Kommission muss nun schnell Gesetzesvorschläge zur verbindlichen Umsetzung dieser Forderungen vorlegen.

Leider stellten sich CDU und CSU wieder einmal in den Dienst der Großagrar-Lobby und versuchten, die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie durch Änderungsanträge in Frage zu stellen. Das macht erneut deutlich, wie wichtig ein Regierungswechsel in Berlin ist. Die zukünftige Bundesregierung wird, ohne Beteiligung der Union, endlich die notwendige Reform unseres Lebensmittelsystems einleiten können.“

Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:
“Es ist gut, wenn sich das Europäische Parlament hinter die in diesem Fall starken Ambitionen der EU-Kommission stellt. Fraglich bleibt, ob diese Ziele mit der schwachen Reform der EU-Agrarpolitik, die das Hauptinstrument zur Erfüllung der Farm-to-Fork-Strategie ist, zu erreichen sind. Die Farm-to-Fork-Strategie ist ein klares Bekenntnis mit Zukunftsideen, genau dieser große Schritt und ein ähnliches Ambitionsniveau fehlen in der Agrarpolitik. Hier werden in Zukunft Anspruch und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden müssen. Außerdem muss klar sein, dass wir die gesamte Lebensmittelkette im Blick haben müssen: landwirtschaftliche Erzeuger*innen, Vermarkter*innen und auch regionale Lieferketten. Aber auch die Lebensmittelindustrie und die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mehr Verantwortung übernehmen. Gute Lebensmittel haben ihren Preis.”

Die EU-Kommission hatte im Mai 2020 die Farm-to-Fork-Strategie vorgestellt. Bekommt der Initiativbericht heute eine Mehrheit im Plenum, erhöht dieses Ergebnis den Druck auf die EU-Kommission, ergänzend dazu Gesetzesvorschläge zur verbindlichen Umsetzung dieser Forderungen vorzulegen.