Eine Reform des Europawahlrechts soll die Abstimmungen weiter demokratisieren. Allerdings liegt derzeit kein Zeitplan zur Umsetzung in Deutschland vor. Zudem droht angesichts der Bundestagswahl weitere Zeit verloren zu gehen. Die SPD startet jetzt eine neue Initiative auf Bundes- und EU-Ebene, wie in einem Gespräch zwischen den Spitzen der SPD-Bundestagsfraktion und den SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Rolf Mützenich und Jens Geier, am Mittwoch deutlich wurde.
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion:
„Ein starkes Europa ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Grundvoraussetzung für Frieden und Wohlstand. Entscheidungen in Brüssel und Straßburg bestimmen das Leben der Bürgerinnen und Bürger in hohem Maße. Deswegen ist breite Akzeptanz und Legimitation der europäischen Institutionen unerlässlich. Ein wichtiger Schritt dahin ist die Reform des Europawahlrechts, wie sie der EU-Rat auf Initiative des Europaparlaments bereits beschlossen hat.
Die Umsetzung scheiterte bisher allerdings an der Ratifizierung unter anderen durch Deutschland. Das liegt an der Verweigerungshaltung der Grünen in Bund und Ländern. Ohne die Zustimmung der Bundesländer, in denen Grüne mitregieren, bekommt die Reform hierzulande nicht die nötige Mehrheit im Bund. Damit Deutschland bei der weiteren Demokratisierung Europas nicht weiter als Bremser dasteht, fordere ich die Grünen in Deutschland auf, sich zu Beginn der kommenden Legislaturperiode uns anzuschließen und die Ratifizierung nicht länger zu blockieren. Bisher müssen wir jedoch feststellen, dass die Parteivorsitzenden der Grünen Annalena Baerbock und Robert Habeck kein Interesse an diesem wichtigen Thema haben.“
Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten:
„Die Wahlen zum Europäischen Parlament sollen sichtbarer und demokratischer werden. Dafür hat das EU-Parlament seit 20 Jahren immer wieder die dringend notwendige Reform des Europawahlrechts vorangetrieben. Vor drei Jahren war es Europäischem Parlament und Rat endlich gelungen, eine Reform auf den Weg zu bringen. Doch die Ratifizierung des europäischen Gesetzes ist in Deutschland bisher vor allem an der Blockade der Grünen gescheitert.
Wir begrüßen sehr, dass die SPD-Bundestagsfraktion die längst überfällige Ratifizierung auch nach der Bundestagswahl im September weiterhin als eine ihrer Prioritäten angehen möchte. Wir appellieren an die Grünen, in der neuen Legislaturperiode des Bundestages ihre europapolitische Blockade aufzugeben und fordern die grüne Europafraktion auf, dies auf nationaler Ebene ebenfalls einzufordern. Derzeit ist Deutschland hierbei eines von Europas Schlusslichtern. Daneben haben nur Spanien und Zypern die Ratifikation noch nicht abgeschlossen.“