Das Europäische Parlament stimmt am Dienstag und Mittwoch, 9. bis 10. März 2021, über seine Forderungen für ein europäisches Lieferkettengesetz ab. Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der S&D-Fraktion:
Ausbeutung und Umweltschäden entlang von Lieferketten unterbinden – dafür müssen Sorgfaltspflichten für Umwelt-, Menschenrechts- und Korruptionsrisiken europäisch koordiniert sein. Der Vorschlag zum deutschen Lieferkettengesetz strebt im Vergleich mit anderen Ländern bisher das ambitionierteste nationale Gesetz an. Dennoch sollte für den EU-Binnenmarkt mit seinen wohlhabenden Gesellschaften und starken Unternehmen eine einheitliche moralische Verpflichtung und unternehmerische Verantwortung gelten. Viele Unternehmer*innen und Verbraucher*innen nehmen diese Verpflichtung auch heute schon sehr ernst. Um Wettbewerbsgleichheit zu garantieren, muss es jedoch gemeinsame Regeln geben, und zwar für die gesamte Lieferkette. Die Marktmacht von zum Beispiel Supermarktketten hat oft einen großen Einfluss auf die Preise und Löhne der Produzent*innen.
Bei der Gewinnung von Rohstoffen wie Kaffeebohnen oder der Verarbeitung in zum Beispiel Textilfabriken werden häufig Menschenrechte verletzt, aber auch werden Wälder gerodet oder Flüsse verunreinigt. Der Parlamentsbericht definiert deshalb auch Sorgfaltspflichten für Umwelt- und Klimawirkungen. Auch wenn ein kleiner oder mittelständischer Schokoriegelhersteller nicht die gleichen Kapazitäten hat wie multinationale Konzerne, trägt auch er Verantwortung. Deshalb muss eine EU-Gesetzgebung alle Unternehmen miteinbeziehen, dabei aber verhältnismäßig sein. Der Aktivitätsbereich des Unternehmens, seine Größe und der Umfang seiner Lieferkette müssen hierfür eine Rolle spielen. Der Parlamentsvorschlag sieht zudem vor, dass Unternehmen nur für Schäden rechenschaftspflichtig sind, die sie verursachen, zu denen sie beitragen, oder zu denen sie eine direkte Verbindung haben.
Mit diesen Forderungen konnten wir Sozialdemokrat*innen uns durchsetzen. Leider sträuben sich die Konservativen bisher dagegen, dass Unternehmen auch nach mitgliedstaatlichem Zivilrecht verklagt werden können, wenn sie einen Schaden in ihren Lieferketten verursachen. Die Rana-Plaza-Katastrophe in Bangladesch und viele andere Beispiele zeigen aber, dass wir wirksam einklagbaren Menschenrechtsschutz brauchen.