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Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD und Mitglied im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments:

Diese Einigung auf einen neuen EU-Gesamthaushalt setzt die richtigen Prioritäten. Dass hilfsbedürftigen Regionen auch Zuschüsse statt allein Kredite für den Wiederaufbau gezahlt werden sollen, ist ein großer Fortschritt und nicht zuletzt den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der deutschen Bundesregierung zu verdanken. Das ist ein Erfolg für alle, die für mehr Zusammenarbeit in Europa einstehen und eine Niederlage für Nationalisten. Vorhaben wie die Anhebung der Eigenmittelobergrenze, zusätzliche Eigenmittel und die substanzielle Aufstockung zentraler EU-Programme wären so vor einem Jahr noch undenkbar für die EU-Kommission gewesen.

Der Wiederaufbaufonds ist zudem das wichtigste Investitionsprogramm Europas in den kommenden Jahren und ein großer Fortschritt in der europäischen Zusammenarbeit. Um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, muss die Vergabe des Geldes auf die gemeinsam beschlossenen politischen Ziele ausgerichtet werden: Dabei geht es um den sozial-ökologische Wandel, den Green Deal und die weitere Digitalisierung. Zudem sollte die EU-Kommission kontrollieren, dass die Aufbaupläne der Mitgliedstaaten den Zielen der europäischen Säule sozialer Rechte und den UN-Nachhaltigkeitszielen entsprechen. Mit dieser Einigung über den Gesamthaushalt und den Wiederaufbaufonds kann die EU den Bürgerinnen und Bürgern Auffangnetze zu knüpfen und diese Krise überwinden. Europa muss fairer, sozialer und nachhaltiger werden.“

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europaparlaments und Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres:

„Die EU hat sich nicht erpressen lassen, der Rechtsstaatsmechanismus kommt. In Wahrheit müssen Orbán und Kaczyński klein beigeben, auch wenn sie es zu Hause als Erfolg verkaufen. Der Rechtstext steht. An der künftigen Grundwertebindung von EU-Geldern kann eine einseitige Erklärung des Rates nichts ändern. Orbán hat lediglich etwas Zeit erkauft, weil er sich bis zu den nächsten Wahlen in Ungarn weiter die Taschen mit europäischem Geld voll machen will. Ungarns Regierungschef sollte sich seiner Sache nicht allzu sicher sein, denn die angekündigte Prüfung durch den EuGH könnte schnell erfolgen. Der Ball liegt vor allem bei der EU-Kommission. Sie muss den Mechanismus künftig entschlossen anwenden und ihre Zögerlichkeit gegenüber Rechtsstaatssündern ablegen. Das Europäische Parlament wird Druck auf die Kommission ausüben, dass sie ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht wird.“