Das Europäische Parlament hat seinen Standpunkt zum EU-Haushalt 2022 festgezurrt, das Abstimmungsergebnis wurde am heutigen Donnerstagmorgen bekanntgegeben. Die Abgeordneten haben die meisten der Kürzungen des Rates zurückgenommen und damit den Haushaltsentwurf in Teilen wieder auf das von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagene Niveau gebracht. Zudem haben die Parlamentarier*innen die Mittel für zahlreiche EU-Programme und -Maßnahmen aufgestockt, die zum Wiederaufbau nach der Pandemie beitragen. Weiterhin stimmt das EU-Parlament heute über die Entlastung der Grenzschutzagentur Frontex ab.
Jens GEIER, Vorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der Europa-SPD:
„Wer den Haushaltsansatz der erfolgreichen und bereits unterfinanzierten europäischen Forschungspolitik um über 300 Millionen Euro kürzt, ist nicht an einer ehrlichen und vorrausschauenden Haushaltsplanung interessiert. Die Regierungen im Rat kürzen nur um des Kürzens Willen. Diese ideologische Art der Politik machen wir nicht mit. Aus unserer Sicht ist klar: Für die Erholung aus der Coronakrise müssen wir mehr investieren. Das bedeutet, dass wir für europäische Zusammenarbeit mehr Geld in die Hand nehmen müssen: in der Forschungspolitik, für Klimaschutz, für gute Lebensbedingungen von Kindern. In diesen Bereichen fordern wir im Parlament deshalb deutlich mehr Investitionen.
Das Parlament sendet auch ein klares Signal an die Grenzschutzagentur Frontex: 90 Millionen Euro aus dem Etat der Agentur setzen wir in Reserve, bis die Agentur die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von 40 Grundrechte-Beobachter*innen einstellt. Hier können keine Ausreden geltend gemacht werden.
Auch der Entlastung des Agenturbudgets für 2019 können wir Sozialdemokrat*innen nicht zustimmen. In den vergangenen Monaten ist es Frontex nicht gelungen, die Vorwürfe um Beteiligungen an Pushback-Aktionen und die Intransparenz im Umgang mit den Vorwürfen auszuräumen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben das Vertrauen in Direktor Fabrice Leggeri verloren.”
Die EU-Kommission hat ihren Entwurf für den Haushalt 2022 im Juni vorgestellt, der Verpflichtungen in Höhe von 167,8 Milliarden Euro vorsieht. Hinzu kommen Mittel aus dem Wiederaufbaufonds Next Generation EU. Der Rat hatte in seiner Position diesen Entwurf um etwa 1,5 Milliarden Euro gekürzt, insbesondere in den zentralen Politikbereichen Forschung und Innovation. Die Position des Parlaments sieht nun Verpflichtungen in Höhe von 171,8 Milliarden Euro vor, also rund 5,5 Milliarden Euro mehr als der Rat. Parlament und Rat haben nun bis zum 15. November Zeit, um sich auf eine gemeinsame Position für den Haushalt 2022 verständigen.
Die Abstimmung ist der Auftakt zu dreiwöchigen Vermittlungsgesprächen mit dem Rat, die darauf abzielen, sich auf den Haushalt des kommenden Jahres zu einigen. Dieser Kompromiss muss dann final vom Parlament verabschiedet werden.