Unterstützen statt bevormunden: mehr Selbstbestimmung in der rechtlichen Betreuung

Der Deutsche Bundestag verabschiedet diese Woche die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. In den Verhandlungen hat sich die SPD-Fraktion erfolgreich für mehr Selbstbestimmung in der rechtlichen Betreuung eingesetzt: Auf Druck der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wird die Zwangssterilisation gestrichen, die Prozessfähigkeit von betreuten Menschen anerkannt und unabhängige Beratungs- und Beschwerdestellen eingerichtet.

Mechthild Rawert, zuständige Berichterstatterin:

„Kaum ein Gesetzesvorhaben wurde von Verbänden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages je so gelobt wie die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts: Mit dieser progressiven Reform ebnen wir den Weg vom stellvertretenden Handeln der Betreuerinnen und Betreuer hin zur unterstützten Entscheidungsfindung der betreuten Personen.

Richtschnur der Betreuung ist nicht länger ein vermeintliches Wohl der betreuten Menschen, sondern deren eigene Wünsche. Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht der betreuten Personen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention, indem sie besser informiert werden, in die Auswahl eines konkreten Betreuers eingebunden werden und mehr mitbestimmen sollen, ob und wie sie betreut werden.

Der SPD-Bundestagsfraktion ist es gelungen, den guten Entwurf aus dem Justizministerium im Sinne der Betroffenen noch zu verbessern: Auf Druck der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Zwangssterilisation gestrichen worden, sodass endlich die langjährige Kritik der Behindertenverbände im Gesetz umgesetzt wird. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass betreute Menschen in Zukunft die Möglichkeit haben, ihre Interessen vor Gericht selbst zu äußern, indem ihre Prozessfähigkeit anerkannt wird. Wir sind stolz, außerdem den Weg für unabhängige Beratungs- und Beschwerdestellen geebnet zu haben. Viele betreute Personen sind unzufrieden mit ihren Betreuerinnen und Betreuern und wenden sich dann – mangels Alternativen – mit Beschwerden an die Gerichte, die diese dann aufgrund von prozessualen Fehlern vielfach verwerfen. Es bedarf darum unabhängiger Beratungs- und Beschwerdestellen, an die sich Betroffene und Ehrenamtliche wenden können, wenn es Probleme in der Betreuung gibt. Diese sollen nun bis 2023 eingerichtet werden.“