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Das Europäische Parlament stimmt am Dienstagabend, 24. November 2020, über die Einführung einer europäischen Verbandsklage ab. Verbraucherorganisationen könnten demnach künftig vor Gericht gegen unlautere Händler vorgehen Mit der Verbandsklagerichtlinie würden Verbraucher und Verbraucherinnen in ganz Europa einfacher Ansprüche auf Schadensersatz, Minderung oder Ersatzlieferung durchsetzen können. Dadurch soll unter anderem missbräuchlichen Handelspraktiken wie zum Beispiel massenhafte Preiserhöhungen, etwa in der Energielieferung oder im Bankensektor, vorgebeugt werden.

Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der S&D-Fraktion und Evelyne Gebhardt, Verbraucherschutzexpertin der Europa-SPD begrüßen den Richtlinien-Entwurf:

Tiemo Wölken:„Wir können noch so gute Verbraucherschutzgesetze erlassen – solange es kein wirksames Instrument gibt, um Rechte auch effektiv gerichtlich durchzusetzen, profitieren weniger Menschen davon. Es ist daher längst überfällig, dass alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Europäischen Union ein Recht auf kollektive Schadenersatzverfahren bekommen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns konsequent dafür eingesetzt, dass europäische Verbraucherinnen und Verbraucher künftig ihre Kräfte auf EU-Ebene bündeln und gemeinsam grenzübergreifend gegen große Unternehmen klagen können und so einen besseren Zugang zur Justiz erlangen.

Verstößen in großem Maßstab gegen die Verbraucherrechte kann so aktiv entgegengewirkt werden. Einige der größten Missbräuche betreffen die Passagierrechte. Es ist daher besonders zu begrüßen, dass auch diese Industriezweige in den Anwendungsbereich fallen. Die europaweiten Flugausfälle in den vergangenen Monaten haben gezeigt, dass auch hier neue Regeln dringend notwendig sind.

Begrüßenswert ist auch, dass die Einigung vorsieht, dass automatisch alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger von einem Urteil erfasst sind. Ab jetzt müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr jahrelang auf Entschädigung warten, da sie diese bereits parallel einklagen können. Das ist besonders wichtig, da die Verfahren mit verschiedenen Einspruchsmöglichkeiten in den Mitgliedsstaaten sehr lange dauern können.“

Evelyne Gebhardt: „Die Einigung ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz. Der Dieselgate- Skandal hat uns vor Augen geführt, wie notwendig wir in Europa Verbrauchersammelklagen brauchen. Das erweist sich insbesondere bei sogenannten “Streuschäden” als hilfreich. Dies bedeutet, dass sich für den einzelnen Bürger der mit einer Klage verbundene Aufwand – Prozesskostenrisiko, Anwaltskosten und Zeitaufwand – nicht lohnt, der Gesamtschaden aber durchaus beträchtlich sein kann. 

Obwohl wir in Deutschland seit dem 1. November 2018 die Musterfeststellungsklage haben, bringt die EU-Sammelklage auch hier Vorteile, denn zukünftig müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr individuell ihre Schadenersatzansprüche geltend machen. Die EU-Sammelklage befugt die Verbände, den Schadenersatz ebenfalls direkt miteinzuklagen.“

Ausblick: Nach einer Zustimmung im Plenum gilt die Richtlinie als förmlich angenommen. Die Richtlinie gilt dann im Bereich der Passagierrechte, Gesundheit, sowie im Umwelt- und Datenschutz. Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.