Der Wirtschafts- und Währungsausschuss und der Haushaltsausschuss haben am Montagabend, 9. November 2020, gemeinsam über den Corona-Wiederaufbaufonds (Aufbau- und Resilienzfazilität) abgestimmt, der Reformen und Investitionen der Mitgliedstaaten mit Zuschüssen und Darlehen in Höhe von 672,5 Milliarden Euro unterstützen wird.
Die Abstimmung kommentieren Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD sowie Joachim Schuster, wirtschaftspolitischer Sprecher der Europa-SPD:
Jens Geier: “Der Wiederaufbaufonds ist das wichtigste Investitionsprogramm Europas in den kommenden Jahren und ein großer Fortschritt in der europäischen Zusammenarbeit. Eine derartige gemeinsame Kraftanstrengung wäre noch vor ein paar Jahren nicht denkbar gewesen. Jetzt muss die Europäische Union beweisen, dass sie mit diesem einzigartigen Instrument auch einen nachhaltigen Aufschwung finanziert. Ein reines „Weiter-So“ wird die Widerstandsfähigkeit unserer Wirtschaft nicht stärken. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben dafür gekämpft, dass 672,5 Milliarden Euro an die Bereiche geknüpft werden, die für die Zukunft der EU entscheidend sind.“
Joachim Schuster: „Auf eine gemeinsame Krise muss mit mehr und nicht weniger Europa reagiert werden. Das mussten inzwischen auch die konservativen Regierungschefs und Europaabgeordneten einsehen. Mit dem milliardenschweren europäischen Konjunkturpaket, basierend auf gemeinsamen Anleihen und unter anderem finanziert durch zukünftige EU-Eigenmittel wie der Plastik- oder Digitalsteuer, wird eine europapolitische Kehrtwende vollzogen.
Der Wiederaufbaufonds ist ein starkes Zeichen dafür, dass wir aus der vergangenen Eurokrise gelernt haben. Anstatt einer erneuten von konservativen propagierten Kürzungspolitik, die schon vor dem Ausbruch dieser Krise dringend benötigten Investitionen verhindert hat, braucht Europa heute mehr denn je Zukunftsinvestitionen in den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft und die digitale Transformation. Das Europäische Parlament fordert für die Mitgliedsstaaten, in Anlehnung an die Prioritäten der EU, daher eine Zweckbindung von mindestens 40% der Mittel für Klima und Biodiversität und mindestens und 20% für den digitalen Übergang.
Das Konjunkturprogramm für Europa bietet eine einzigartige Gelegenheit, eine bessere Wirtschaftspolitik zu etablieren. Die Covid19-Pandemie demonstriert den Konstruktionsfehler der europäischen Gemeinschaft deutlicher denn je: Für den langfristigen Erfolg der Währungsunion ist auch eine gemeinsame Fiskalpolitik nötig. Der Wiederaufbau-Plan könnte ein erster Schritt für weitreichende Reformen der EU sein, um als Europa gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Dazu gehören neben den angekündigten Eigenmitteln der EU auch die Harmonisierung der Steuerpolitik.“
Ausblick: Der Wirtschafts- und Währungsausschuss sowie der Haushaltsausschuss haben gestern in gemeinsamer Sitzung den Berichterstatterinnen und Berichterstattern das Mandat zu informellen Verhandlungen mit dem Rat erteilt. Dies wird der Parlamentspräsident zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch, 11. November, bekannt geben. Das Verhandlungsmandat gilt als erteilt, wenn bis zu einer gesetzten Frist nicht ausreichend Abgeordnete eine Plenarabstimmung einfordern. Dies gilt als unwahrscheinlich.