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Im Fall Wirecard war ein hohes Maß an krimineller Energie am Werk – und die Wirtschaftsprüfung hat dabei versagt, das zu verhindern. Das darf in Zukunft nicht mehr passieren. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will den Fall Wirecard lückenlos aufklären und die nötigen Konsequenzen für die Zukunft ziehen.

Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beantworteten am Nachmittag in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bundestags-Finanzausschusses die Fragen der Abgeordneten.

Scholz forderte erneut eine bessere Regulierung der Finanzaufsicht und das Ende der Praxis, dass Wirtschaftsprüfungsunternehmen ihre Kunden zugleich beraten und prüfen dürfen: „Das, was uns jetzt am allermeisten bewegen muss, ist, dass eine ziemlich große, sehr effiziente Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zehn Jahre lang prüft und nichts herausbekommt.“. Ein großes Wirtschaftsprüfungsunternehmen hatte für die Wirecard-Jahresabschlüsse von 2009 bis 2018 jeweils einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt. Manipulationen wurden nicht erkannt.

Aktionsplan für schlagkräftige Finanzaufsicht

Scholz hatte als Konsequenz aus den Vorkommnissen einen Aktionsplan vorgelegt. Sein Ziel ist eine weitreichende Reform mit klaren Maßnahmen gegen Bilanzmanipulationen und für eine starke Aufsicht. Unter anderem will er die Finanzaufsicht schlagkräftiger machen. Schwachstellen bei der Bilanzkontrolle sollen beseitigt, Schutzmechanismen verbessert und Schlupflöcher geschlossen worden. Komplexe internationale Firmen-Konstrukte sollen wirksamer kontrolliert werden können. Die staatliche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) – über die wiederum das Finanzministerium die Aufsicht hat – soll mehr Befugnisse bekommen, damit Bilanzbetrug effektiver bekämpft werden kann.

Walter-Borjans: Wirtschaftsministerium in der Pflicht

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans begrüßte, dass Scholz für Transparenz und Aufklärung im Fall Wirecard sorgt. „Aus meiner Sicht reagiert das Ministerium klar und sauber.“, sagte Norbert Walter-Borjans der Süddeutschen Zeitung. Der Finanzminister habe den Hergang der Ereignisse akribisch dokumentieren lassen. Zudem würde Scholz an einer auch von ihm angeregten Generalreform arbeiten, die „die Finanzaufsicht fit macht für die Erkennung immer ausgefeilterer dubioser Praktiken“.

Versäumnisse sieht er stattdessen im CDU-geführten Wirtschaftsministerium. „Ich würde mir wünschen, das alles auch für die im Geschäftsbereich von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) angesiedelte Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer sagen zu können.“ Dort herrsche allerdings eine „bemerkenswerte Stille“. „Es geht immerhin um einen historischen Betrugsfall eines Dax-Unternehmens“, sagte Walter-Borjans weiter. „Aber Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat bisher Kontrollen immer wieder als Belastung der Wirtschaft abgelehnt. Die Konsequenzen zeigen sich jetzt am Fall Wirecard.“

Der inzwischen insolvente Dax-Konzern Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von einem „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ aus, und zwar seit 2015.