Wie aus der Antwort der NRW-Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag von NRW (Drs. 18/2768) hervorgeht, gibt es zurzeit in NRW nur vier Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die sich in kommunaler Trägerschaft befinden. Das gilt für die Gemeinden Wettringen, Neuenrade, Monheim und Remscheid. Von den rund 800 MVZ, die es in NRW ungefähr gibt, ist das nicht einmal 1 Prozent (Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, 31.12.2021).
Wie sich die Trägerschaft in NRW detailliert aufteilt, ist bisher nicht genau ermittelt worden. Zwar sind bundesweit laut KBV Krankenhäuser zu 42 Prozent an der Trägerschaft von MVZ beteiligt. Wer jedoch die Anteilseigner an den Kliniken sind, geht aus der Statistik nicht hervor. Wie viele MVZ sich in Händen von Private-Equity-Gesellschaften befinden, ist daher nicht genau bekannt. Eine Veröffentlichungspflicht besteht nicht. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Anteil von Private-Equity-Investoren an MVZ in der Vergangenheit stetig zugenommen hat und immer weiter zunimmt. Für die Käufe werden Gelder von Anlegern genutzt und davon befristete Fonds eingerichtet, um kurzfristige Gewinne zu erzielen. Erst kürzlich hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt, in diesem Jahr eine Gesetzesinitiative gegen den Aufkauf von Arztpraxen durch Investoren zu starten.
Thorsten Klute, gesundheitspolitischer Sprecher, und Justus Moor, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklären hierzu:
Thorsten Klute:
„Der Sinn und Zweck von MVZ war es einmal, das Gesundheitssystem zu modernisieren, dabei insbesondere die Krankenhauslandschaft zu entlasten und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. MVZ sollten das ambulante Tor zur Klinik sein – mit einem fachlichen und regionalen Bezug zum örtlichen Krankenhaus, um stationäre Aufenthalte zu reduzieren. Inzwischen haben aber Private-Equity-Gesellschaften längst erkannt, dass sie mit der Gesundheit ein lukratives Geschäft machen können. Sie strecken ihre Fangarme immer weiter in die medizinische Versorgung, steigen als Finanzinvestoren in MVZ ein, kaufen Arztpraxen auf und verkaufen nach kurzer Zeit gewinnbringend. In der Folge haben MVZ oftmals gar keinen fachlichen und regionalen Bezug zu der örtlichen Krankenhauslandschaft, sondern sind allein darauf ausgerichtet, wo und mit welcher Behandlung der größte Gewinn erzielt werden kann. Die Gewinne werden zudem nicht etwa hier bei uns versteuert, sondern werden nicht selten in Steueroasen abgeführt, in denen sich die Fonds verstecken. Dieser Entwicklung muss unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden. Wir begrüßen die geplante Gesetzesinitiative von Bundesgesundheitsminister Lauterbach daher sehr und erwarten, dass sich auch das NRW-Gesundheitsministerium im Sinne einer flächendeckenden und mensch-orientierten Gesundheitsversorgung hierin einbringt.“
Justus Moor:
„Um die finanz-orientierten Auswüchse in der Gesundheitsversorgung einzudämmen, müssen die Kommunen viel stärker mit ins Boot geholt werden. Als Träger von MVZ können sie Gewähr dafür leisten, dass sich das medizinische Angebot am Mensch, am Bedarf und am Gemeinwohl orientiert. Dass sich in NRW nur vier von rund 800 MVZ in kommunaler Trägerschaft befinden, zeigt den hohen Handlungsbedarf. Es zeigt aber auch, dass die Anreize für ein Engagement von Kommunen in der medizinischen Versorgungslandschaft offenbar viel zu gering sind. Hier müssen Bund und Land im Rahmen einer neuen Gesetzgebung dafür sorgen, dass Städte und Gemeinden sehr viel einfacher als bisher zur eine flächendeckende Gesundheitsversorgung beitragen können.“