Angesichts der lebensbedrohlichen Lage von Migrantinnen und Migranten in Bosnien und Herzegowina hat die EU-Kommission weitere 3,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für die Versorgung der Menschen im Flüchtlingscamp Lipa bereitgestellt.
Norbert Neuser, Berichterstatter des EU-Parlaments für Humanitäre Hilfe:
„Es ist wichtig und richtig, dass die EU-Kommission in Bosnien und Herzegowina jetzt Notfallhilfe leistet. Ich appelliere insbesondere an den Kommissar für Krisenschutz und humanitäre Hilfe, Janez Lenarčič, alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit die Geflüchteten so schnell wie möglich in winterfeste Quartiere kommen und kurzfristig warme Kleidung, Decken, Nahrung und Gesundheitsleistungen erhalten. Seit 2018 hat die EU 89 Millionen Euro direkt an Bosnien-Herzegowina beziehungsweise an Hilfsorganisationen zur Verfügung gestellt, um den Bedarf der Geflüchteten zu decken und den angemessenen Umgang mit den im Land ausharrenden Migrantinnen und Migranten durch Infrastruktur und Logistik zu unterstützen. Fehlende Hilfsgelder können also nicht als Grund dafür genannt herangeführt werden, dass die Regierung Bosnien-Herzegowinas die Aufnahme der Flüchtlinge im Aufnahmezentrum Bira in Bihać verweigert. Die dortige winterfeste Unterbringung muss genutzt, und ein weiteres Zentrum in der Stadt Tuzla geöffnet werden.“
Dietmar Köster, Berichterstatter für Bosnien und Herzegowina im Menschenrechtsausschuss:
„Das Elendslager in Lipa bei Bihać war auch vor dem Brand nicht mehr als ein Dach über dem Kopf für Menschen auf der Flucht. Seit Wochen spielt sich erneut eine Tragödie vor einer europäischen Außengrenze ab. Im Februar 2020 habe ich mir im Rahmen einer Delegationsreise des Menschenrechtsausschusses selbst einen Eindruck über die dortigen Zustände verschafft. Menschen waren und sind nach wie vor gezwungen, in leerstehenden Gebäuden und Wäldern zu hausen. Die direkte Verantwortung für die jetzige inakzeptable Situation rund um Bihać liegt vor allem bei der Regierung in Bosnien-Herzegowina. Aber auch die EU-Kommission und EU-Präsidentin von der Leyen dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen und müssen mehr politischen Druck auf die verantwortlichen Regierungsvertreterinnen und -vertreter in Sarajewo ausüben. Sie müssen vor allem die Verwendung der zig Millionen Euro, die an Bosnien und Herzegowina geflossen sind, kontrollieren. Europaabgeordnete haben die EU-Kommission in zahlreichen Sitzungen gefragt, wo das Geld versickert – bei den Hilfsbedürftigen jedenfalls kommt es nicht an.
Die jetzt aufgestockte Krisenhilfe kann möglicherweise kurzfristig Abhilfe leisten, vorausgesetzt, es erreicht die Flüchtlinge. Sie bleibt jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der humanitären Katastrophe, die sich vor den Toren Europas abspielt. Wir benötigen endlich umfassende Lösungen für die rund 9000 Flüchtlinge, die in Bosnien-Herzegowina gestrandet sind. Immer nur kurzfristig irgendwo Abhilfe zu schaffen, wenn sie mit dem Tode bedroht sind, ist jedenfalls keine Lösung.“