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Die EU-Kommission hat heute Gesetzesvorschläge für digitale Dienstleistungen und digitale Märkte vorgestellt. Sie sollen die Pflichten und Verantwortlichkeiten von Online-Plattformen für den Umgang mit Inhalten regeln. Zudem soll sichergestellt werden, dass Tech-Giganten wie Google und Amazon andere Unternehmen nicht durch unfaires Verhalten benachteiligen.

Tiemo Wölken, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den legislativen Initiativbericht zu Digitalen Diensten und rechtspolitischer Sprecher der SozialdemokratInnen im Europäischen Parlament:

„Mit dem Digital Services Act bekommt Europa ein echtes digitales Grundgesetz. Ein klarer Rechtsrahmen schafft Rechtssicherheit für Plattformen und schützt die Grundrechte der Nutzerinnen und Nutzer. Ich freue mich, dass die EU-Kommission den Empfehlungen des Parlaments gefolgt ist und beim Umgang mit Inhalten auf klar ausformulierte Notice & Action-Verfahren setzt. Besonders positiv ist, dass dieser Vorschlag ohne den Einsatz von Uploadfiltern auskommt. Jetzt geht es darum, sicherzustellen, dass das in der Umsetzung auch wirklich der Fall ist.

An einigen Stellen ist die EU-Kommission zu zaghaft. Transparenz-Auflagen für Online-Werbung sind zwar ein wichtiger erster Schritt. Der Vorschlag reicht aber so nicht aus, um die Hauptursache für die Verbreitung von Desinformation und schädlicher Inhalte an der Wurzel zu packen. Plattformen werden weiterhin aufmerksamkeitserregende Inhalte bevorzugt anzeigen, wenn sich dadurch mehr Geld durch personalisierte Werbung verdienen lässt. Ich hätte mir mehr Mut von der EU-Kommission gegenüber der Werbeindustrie gewünscht: Wirtschaftliche Anreize für schädliches Verhalten beseitigen sich nicht von alleine. Immerhin sollen Nutzerinnen und Nutzer mehr Kontrolle über die Kriterien erhalten, nach denen Inhalte für sie sortiert und angezeigt werden.

Bedauerlicherweise fehlen im Vorschlag Bestimmungen zur Interoperabilität, damit sich unterschiedliche digitale Dienste miteinander verbinden können. Das würde dafür sorgen, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht nur den plattformeigenen Algorithmen ausgeliefert sind.

Ich halte für einen Fehler, dass die Aufsicht über die Einhaltung der Regeln bei den EU-Mitgliedsstaaten liegen soll. Einheitliche Regeln brauchen einheitliche Kontrolle: Wenn einige Mitgliedsstaaten die Aufsicht etwas laxer angehen als andere, drohen Wettbewerbsverzerrungen. Genau das sollte Digital Services Act aber verhindern. Für die größten Plattformen soll eine einheitliche Aufsicht auf europäischer Ebene möglich sein. Wieso das nicht für alle Plattformen gelten soll, erschließt sich mir nicht.“

Evelyne Gebhardt, verbraucherpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

“Ich begrüße, dass die EU-Kommission mit dem Digital Market Act klare Verpflichtungen gegenüber großen Gatekeepern durchsetzen möchte und dass sie plant, unlautere Handelspraktiken zu verbieten. Die neuen Regeln dürfen sich allerdings nicht auf Wettbewerbsaspekte beschränken. Gesetze müssen die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher online wie offline schützen. 

Auch die Coronakrise hat gezeigt, wie notwendig es ist, Online-Marktplätze angemessen zu regulieren. Wer nicht Virologin oder Mediziner ist, sollte keine entgeltlichen Ratschläge für Menschen anbieten, die an COVID-19 erkrankt sind. In Ländern, in denen ärztliche Beratung ohne Qualifikationsnachweis erlaubt ist, sollte das kenntlich gemacht werden. Das gleiche gilt für andere Bereiche: Anwälte, Ingenieurinnen, Wirtschaftsprüferinnen. Ansonsten werden Verbraucher und Verbraucherinnen getäuscht!“ 

EU-Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament müssen nun über die neuen Vorschläge verhandeln.