Das Europäische Parlament meldet sich heute zum neuen Rechtsstaatschutz der EU zu Wort und stimmt über den Haushaltsrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 ab.
Dazu Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss:
“Diese Abstimmungen über den Langfristhaushalt, den Wiederaufbaufonds, die Einführung neuer Eigenmittel und die Kopplung von EU-Geldern an Rechtsstaatlichkeit sind historisch. Darüber können auch die späte Annahme und die einseitigen Ratsschlussfolgerungen, die für die Annahme dort nötig waren, nicht hinwegtäuschen.
Die vier pro-europäischen Fraktionen des Europaparlaments machen in einer Resolution deutlich: EU-Gelder sind künftig an rechtsstaatliche Prinzipien gebunden. Den Aufschub, den sich Viktor Orbán mit seiner Vorab-Prüfung der neuen Regeln durch den Europäischen Gerichtshof erhofft, darf es nicht geben. Der entscheidende Spieler ist die EU-Kommission. Sie muss den Mechanismus künftig entschlossen anwenden, aber sie muss es auch wollen! Ursula von der Leyen muss den Rechtsstaat in Europa mit aller Kraft der Hüterin der Verträge gegen ihren Parteifreund Orbán verteidigen.
Die Rechtsstaatlichkeit ist grundlegend für eine korrekte Durchführung des Haushalts und die Kommission ist dafür verantwortlich. Sie darf also nicht durch Tatenlosigkeit den Haushalt gefährden. Das Parlament verfügt über ein scharfes Schwert, wenn es um den Schutz von Steuergeldern geht: Es muss die Haushaltsführung durch die EU-Kommission entlasten – oder eben auch nicht, sollte sie den Mechanismus künftig nicht entschlossen anwenden.
Der jetzige Beschluss wäre unter einem deutschen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble undenkbar gewesen. Es macht einen Unterschied, wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an den Schlüsselpositionen sitzen. Nach der Abstimmung ist der Weg frei für drei Europa-Premieren: Zum ersten Mal ist es auf Druck des EU-Parlaments gelungen, den Langfristhaushalt der EU zu erhöhen. Zweitens gibt sich die EU eine neue Einnahmequelle: eine steuerliche Abgabe auf Plastik wird direkt in den EU-Haushalt fließen. Damit schaffen wir Anreize, den Anteil des nicht-recycelten Plastiks in Europa zu reduzieren. Drittens: Die gemeinsamen Investitionen durch den anleihefinanzierten Wiederaufbaufonds werden die Europäische Union enger zusammenbringen. Regionen, die besonders von der Pandemie betroffen sind, können somit Zuschüsse erhalten, um den Weg raus aus der Krise zu meistern.“
Das Europäische Parlament wird am heutigen Mittwoch, 16. Dezember, über drei Berichte abstimmen, die den Weg für den Gesamthaushalt für die Jahre 2021 bis 2027 ebnen. Zur Abstimmung steht auch eine Stellungnahme, in der sich das Parlament zur gefundenen Haushalts-Übereinkunft der Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen am 10. bis 11. Dezember positioniert. Mit der Abstimmung kann der neue Langfristhaushalt am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Der Gesamthaushalt für das Jahr 2021 wird am Freitag vom Parlament verabschiedet werden.