Die aktuelle Debatte um die Deutung von Denkmälern und die Farbattacken beispielsweise auf das Bismarck-Nationaldenkmal im Berliner Tiergarten zeigen, dass eine konsequentere Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit der Bundesrepublik und die kritische Aufarbeitung der Rolle von Otto von Bismarck dringend nötig ist.
Helge Lindh, zuständiger Berichterstatter:
„Vor 136 Jahren lud der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck zur Berliner Afrika-Konferenz, deren Abschlussdokument 1885 den Grundstein für die Kolonisierung des Kontinents legte. Trotz seines anfänglichen Zögerns ermöglichte Bismarck die Aufteilung Afrikas am Berliner Reißbrett, die in den deutschen Gewaltverbrechen in Übersee mündete.
Die Statuen Bismarcks in den deutschen Innenstädten stehen somit auch für die kolonial-rassistische Vergangenheit der Bundesrepublik. Sie dürfen im offenen, demokratischen Deutschland nicht weiter unhinterfragt bleiben – es benötigt eine kritische Auseinandersetzung mit der vielschichtigen Geschichte der Person Bismarcks.
Die Geschichte des deutschen Kolonialismus darf nicht aus der Öffentlichkeit verschwinden. Sie muss in Form von Beteiligungsprozessen unter Einbeziehung der Nachfahren, der betroffenen Herkunftsgesellschaften sowie ihrer in Deutschland lebenden Diaspora sichtbar werden. Auch der Ausbau der kulturellen Bildung ist ein wichtiges Zeichen und sorgt für mehr Aufklärung.
Zudem halten wir es für geboten, Namen von öffentlichen Plätzen oder Gebäuden, die auf Deutschlands koloniale Vergangenheit verweisen, mit erklärenden Schildern zu versehen oder sie nach einer Prüfung auch umzubenennen.
Es ist an der Zeit, den Eurozentrismus in unserem Erinnern an die deutsche Kolonialgeschichte zu überwinden und anzuerkennen, dass Deutschland eine postkoloniale Gesellschaft ist.“